Spätestens seit Tesla sich in der Region angesiedelt hat, wird über Wasser nicht nur heftig diskutiert, sondern regelrecht gestritten. Wie kann es sein, dass Gewerbe Wasser bekommt, Bürger aber sparen sollen? Eine weitere Zuspitzung könnte den gesellschaftlichen Frieden stören. Der Umgang mit der lebenswichtigen Ressource, die Angst vor der möglichen Knappheit ist ein vielfältig debattiertes Thema. Der Konflikt zwischen steigendem Wasserbedarf und der aufgrund des Klimawandels sinkenden Grundwasserneubildung sowie prognostizierten Auswirkungen auf Natur und Umwelt wird zuweilen sehr unterschiedlich analysiert. Was kann womöglich jeder einzelne dazu beitragen, dass die Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit gewährleistet werden kann, damit regionale Entwicklung weiterhin möglich ist? Dieser Frage wurde jetzt im Netz-Werk-Laden von Grünheide auf Initiative der Betreiberin, Christine de Bailly, nachgegangen. Als Referenten hatte sie Sascha Gehm, Vize-Landrat von Oder-Spree und Dezernent für Bauen, Ordnung und Umwelt, sowie Dené Schunck aus dem Standort-Entwicklungsteam von Tesla gewinnen können.
Gehm nahm das zahlreich erschienene Publikum erst einmal mit auf einen fachlichen Exkurs durch den Wasserkreislauf. Wo kommt das Grundwasser her, was passiert bei seiner Abschöpfung, wie steht es ums Wasser in der Landschaft, welche Wirkung haben Niederschläge und Trockenheit in dem System und wie greift der Mensch hier ein? Dem letztgenannten Aspekt schenkte er dann einen intensiveren Blick. Von einem Liter Niederschlag verdunste mehr als die Hälfte – und künftig noch mehr. Final kämen lediglich 157 Milliliter der Grundwasserneubildung zugute – und künftig noch weniger. Und der Mensch? Er nutze lediglich 90 Milliliter und davon 18 Milliliter für die öffentliche Trinkwasserversorgung. Diese Stellschraube stehe stets im Fokus, habe aber letztlich den geringsten Einfluss. Das größte Problem sei die steigende Verdunstung. Gehm argumentiert, dass es Konzepte brauche, das Wasser in der Region zu halten. Großen Nachholbedarf sieht er hier im Umgang mit dem Niederschlagswasser. Es über Regenwasserkanäle zur Aufbereitung ans Wasserwerk abzuleiten und danach über den Vorfluter Richtung Meer zu schicken betrachte er durchaus kritisch. „Wir sollten die alten Dorfanger wiederherstellen, das Wasser dort sammeln“, schlägt er zum Beispiel vor. Zudem unterstütze er die Idee des Wasser- und Landschaftspflegeverbandes, der für Sohlschwellen in den Fließgewässern plädiert, um die Fließgeschwindigkeit zu verlangsamen, was auch einer üppigeren Randbepflanzung zugutekommen würde.
Waldumbau ist wichtige Aufgaben – auch für private Besitzer
Als einen weiteren Punkt führte der Umweltdezernent den Waldumbau an, der nicht nur vom Landesforst in hoher Intensität weiter vorangetrieben werden müsse, sondern auch von den privaten Waldbesitzern. Auch die Landwirtschaft müsse sich den veränderten Erfordernissen anpassen, alle Möglichkeiten ausloten, weniger Wasser zu verbrauchen – zum Beispiel durch die Wahl der anzubauenden Ackerfrüchte. „Wir müssen Wege finden, Brauch- und Regenwasser zu nutzen, gezielter Gießen“, sagt Gehm und fragt, ob es denn wirklich der englische Rasen sein muss. „Wir müssen die Versickerung erhöhen, die Verdunstung verringern und den Verbrauch reduzieren“, fasst er zusammen.
Tesla-Standort-Entwickler meldet sich zu Wort
In der Diskussion ums Wasser fällt der Blick in der Region in der Regel erst einmal auf die Gigafactory. Standort-Entwickler Dené Schunck wollte die Gelegenheit nutzen, um mit Behauptungen aufzuräumen, die immer wieder die Runde machen. So verwies er darauf, dass Tesla nicht der einzige Industriebetrieb in einem Wasserschutzgebiet sei und führte als Beispiele Chemiefabrikant BASF und Mercedes-Benz in Ludwigsfelde an – beide durch kontinuierliche Überwachung ohne negative Beeinträchtigungen. Auch Tesla habe in technische, organisatorische und bauliche Grundwasserschutzmaßnahmen investiert. Laut Schunks Angaben 70 Millionen Euro.
Allein für 40 Millionen sei 2023 eine betriebliche Abwasserbehandlungsanlage errichtet worden. Die Lackiererei, der Bereich mit dem größten Wasserbedarf, arbeite in einem geschlossenen Kreislauf. Aufgrund von Prozess-Optimierungen sei vor Produktionsbeginn der prognostizierte Frischwasserbedarf um die Hälfte reduziert worden – von 3,6 Millionen auf 1,8 Millionen Kubikmeter. Der Bedarf habe dann bei lediglich 500.000 Kubikmetern gelegen. Zum Vergleich verwies er auf den Spargelhof Klaistow, der 1,1 Millionen im Jahr verbrauche. Und mit Blick auf andere Automobilfabriken sagte der Tesla-Mitarbeiter, das die Giga eine der wasser-effizientesten sei. Er bot an, sich bei Fragen an Tesla zu wenden und versprach, dass die jeweiligen Fachleute diese auch beantworten werden. Hierfür stehe die Mailadresse gruenheidepost@tesla.com zur Verfügung.
Marten Lange-Siebenthaler erinnert an Mahnung aus 1970er-Jahren
Zu einer großen Diskussion ist es an dem Abend nicht mehr gekommen. Marten Lange-Siebenthaler aus Hangelsberg, Vertreter der Naturschutzverbände, erinnerte dran, dass die Sorge um das Grundwasser schon in den 1970er-Jahren zu einer Deckelung des nutzbaren Dargebots geführt habe und es heute noch wichtiger sei, zusätzliche Fördermengen nicht ohne Weiteres freizugeben. In der Runde wurde auch die Frage aufgeworfen, wie es sich mit der von Tesla vorgenommenen Erkundung zwischen Braunsdorf und Spreenhagen verhalten habe. Laut Dené Schunck hat es im Dezember einen 29 Tage anhaltenden Pumpversuch gegeben. Dieser sei sehr ergiebig gewesen und habe an den umliegenden Grundwassermessstellen zu keinen Problemen geführt. Es solle nun ein zweiter Test beantragt werden mit einer höheren Pumpmenge. Das bedeute aber nicht, dass Tesla sich von dort Wasser holen wolle. „Wir werden für die nächste Ausbaustufe kein zusätzliches Wasser benötigen.“
Sorge um Elsensee wird nicht kleiner
Zuguterletzt hat Elisabeth Turowski aus Kagel noch die Gelegenheit genutzt, den Umweltdezernenten auf das Problem Zinndorfer Mühlenfließ und Elsensee anzusprechen. Die Seen in Märkisch Oderland seien übervoll, die Wege rund um die Seen nicht begehbar, Stege von Anglern überflutet. Jenseits der Kreisgrenze, hier in Oder-Spree, sehe es aber ganz anders aus. „Es gibt in Märkisch-Oderland Absperrmaßnahmen, aber keiner will zuständig sein“, ärgert sich die Kagelerin. Ansprechpartner im Landesumweltamt wechselten, so dass es nicht vorangehe. „Niemand will sich des Themas annehmen“, ist sie frustriert.
Der Abend hat gezeigt, die Sorge ums Wasser hat viele Facetten und es gibt großen Gesprächsbedarf. Christine de Bailly versprach, an dem Thema dranzubleiben und den Dialog fortsetzen zu wollen. (Anke Beißer)