Fontane-Kiefer liegt am Boden und ist deutlich jünger als gedacht

Als am Abend des 21. Juni, also zur Sommersonnenwende, heftige Windböen durch die Region zogen, gab es für die Fontane-Kiefer im Löcknitztal kein Halten mehr. Der äußerlich stattliche Baum, an dem vor rund 150 Jahren Theodor Fontane bei seinen Wanderungen durch die Mark vorbeigekommen sein soll, musste sich geschlagen geben. Er ist quer über den Wanderweg gestürzt und mit der Krone in die Löcknitz eingetaucht.

Keine Chance: Die Kiefer am Löcknitztalweg, die schon Fontane auf seinen Wanderungen passiert haben soll, ist innerlich total verfault. Foto: Uwe Werner
Keine Chance: Die Kiefer am Löcknitztalweg, die schon Fontane auf seinen Wanderungen passiert haben soll, ist innerlich total verfault. Foto: Uwe Werner

Konnte man den Baum bisher mit dem Blick in die Höhe gerichtet bewundern, kann er nun in seiner ganzen Dimension ebenerdig bestaunt werden. Und so soll es auch bleiben, sagt der zuständige Revierförster Christian Hohm. „Er ist ins Naturschutzgebiet gefallen, und dort bleibt ohnehin alles wie es ist.“ Die Wanderer haben sich längst einen Weg um das Hindernis gesucht. Und so wird die Kiefer in den folgenden Jahren dem natürlichen Kreislauf folgend anderen Tieren Schutz und Nahrung bieten, bevor sie in vielleicht 20, 30 oder auch noch mehr Jahren – keiner weiß das so genau – komplett zerfallen ist.

Umgehauen: Die Fontane-Kiefer liegt nun quer über den Wanderweg im Löcknitztal und wird hier verrotten. Foto: Uwe Werner
Umgehauen: Die Fontane-Kiefer liegt nun quer über den Wanderweg im Löcknitztal und wird hier verrotten. Foto: Uwe Werner

Dem Baum wurde bisher ein Alter von rund 250 Jahren nachgesagt. Lars Kleinschmidt, Leiter der Landeswaldoberförsterei Hangelsberg, wollte es nun genau wissen und hat am Sonnabend (6. Juli) von Baumgutachter Thomas Schmidt eine Altersbestimmung vornehmen lassen. Dessen Untersuchung erwies sich viel kniffliger als gedacht. „Der Baumstamm war total verfault und es gelang nicht, eine Stelle für eine verwertbare Bohrung zu finden“, sagt der Fachmann. Deshalb habe er sich für einen starken Ast in etwa fünf Metern Hohe entschieden. „Es ist üblich, auf gesunde Stark-Äste auszuweichen.“ Gepaart mit Fachwissen und entsprechenden Erfahrungswerten lasse sich das Alter eines Baumes über diesen Umweg relativ verlässlich ermitteln. Sicher nicht auf das Jahr genau, aber ohne eklatante Abweichungen. Der Bohrkern hier ließ Schmidt unterm Mikroskop 167 Ringe zählen, was ihm als Grundlage für seine letztlich ermittelte Altersschätzung gedient hat.

Auf den Zahn gefühlt: Für die Altersbestimmung muss aus dem Stamm beziehungsweise dem stärksten Ast ein durchgängiger Bohrkern (Foto rechts, zweiter von oben) entnommen werden, um danach unterm Mikroskop die Jahresringe zu zählen. Fotos/Montage: Frederic Wienicke/Anke Beißer
Auf den Zahn gefühlt: Für die Altersbestimmung muss aus dem Stamm beziehungsweise dem stärksten Ast ein durchgängiger Bohrkern (Foto rechts, zweiter von oben) entnommen werden, um danach unterm Mikroskop die Jahresringe zu zählen. Fotos/Montage: Frederic Wienecke/Anke Beißer

Das Ergebnis hat durchaus für Staunen gesorgt. Laut Thomas Schmidt kommt die Kiefer auf (lediglich) maximal zirka 180 Jahre, war somit bei Fontanes Besuch vielleicht 25, 30 Jahre alt und, wie Lars Kleinschmidt mit einem Augenzwinkern erwähnt, „unspektakulär jung“. Sie habe wahrscheinlich auch gar nicht sonderlich aus der Umgebung herausgestochen. „Da haben womöglich eher der schöne Platz mit dem weithin offenen Blick über die Löcknitz und die bewirtschafteten Wiesen eine Rolle gespielt.“ Was Höhe und Durchmesser anbetrifft, so lautet das Fazit laut dem Leiter der Landeswaldoberförsterei, der dem Baumexperten für seinen ehrenamtliche Einsatz ausdrücklich dankt, „klein und dick“. „Sie kam gerade mal auf etwa 20 Meter und ist am Stammfuß 91, in der Mitte 75 Zentimeter dick“, fasst er das Mess-Ergebnis vom Wochenende zusammen. „Naja. Ist halt eine sandige Düne am Rand des Kerntals …“

Herkunft des Beinamens „Fontane“ ungeklärt

Wer der Kiefer wann den Beinamen ,Fontane‘ gab, lässt sich nicht verlässlich herausfinden. Immerhin wird angenommen, dass der Schriftsteller, weil er nachweislich in von Kienbaum aus im Löcknitztal unterwegs war, auch hier vorbei gekommen ist. Fakt ist, in der Liste der Naturdenkmale Oder-Spree ist sie nicht aufgeführt. Hier finden nur die inzwischen gestutzte Stelzenkiefer am Werlsee-Nordstrand, die Flatter-Ulme in Kienbaum und die Quellengalerie am Möllensee Erwähnung.

Der ,Dienstältesten‘ ist schon 2010 verschwunden

Hätte die Kiefer tatsächlich die 250 Jahre erreicht, wäre sie das älteste Exemplar dieser Baumart in der Region gewesen. 2010 hatte eine Kiefer, die tatsächlich ein Vierteljahrtausend alt war, auf einer Böschung an der Bahntrasse östlich vom Bahnhof Fangschleuse – Höhe Schmalenberg –  gefällt werden müssen. „Sie war plötzlich trockengefallen“, sagt Kleinschmidt. Eine Baumscheibe ihres stattlichen Hauptstamms schmücke noch heute den Forstbetrieb in Hangelsberg. Der Methusalem war mehr als 30 Meter hoch und hatte einen Durchmesser von einem Meter.  „Damit gehörte dieser wohl zu den ,Dienstältesten‘ der Region.“ (Anke Beißer)

Erinnerung an die älteste Kiefer: Die Baumscheibe mit einem Durchmesser von einem Meter stammt von einer 250 Jahre alten Kiefer - der vermutlich "dienstältesten" in der Region. Foto: Frederic Wienecke
Erinnerung an die älteste Kiefer: Die Baumscheibe mit einem Durchmesser von einem Meter stammt von einer 250 Jahre alten Kiefer – der vermutlich „dienstältesten“ in der Region. Foto: Frederic Wienecke