Als der Rettungsdienst Oder-Spree am 15. März seinen 24-Stunden-Dienst, sieben Tage die Woche, in der neuen Rettungszentrale Freienbrink aufgenommen hat, dauerte es gar nicht lange und der erste Hilferuf ging ein. Wie sich Wachenleiter Andreas Tscharntke erinnert, der für den Standort Erkner mit seinen Satelliten in Spreenhagen, Woltersdorf, Schöneiche und eben jetzt auch Freienbrink zuständig ist, wurde der erste Arbeitstag um 7 Uhr und somit eine Stunde später als sonst üblich, mit einer Besichtigung und einem Frühstück begonnen. „Der erste Alarm ließ nicht lange auf sich warten“, sagt der 55-Jährige. Um 9 Uhr habe zuerst der Rettungswagen zur Premierenfahrt den Hof verlassen, eine halbe Stunde später wurde der Notarzt – der Dienst wird in Kooperation mit dem Unfallkrankenhaus Marzahn abgedeckt – zum Einsatz gerufen. Beide Male ging es zur Reha-Klinik nach Grünheide. „Ohne die neue Zentrale wäre wir von Erkner aus dorthin gefahren. Mit dem zusätzlichen Angebot standen die Kollegen nun weiterhin für die Stadt und Notfälle in dem dortigen Gebiet zur Verfügung.“
Tscharntke, seit 1995 beim Rettungsdienst beschäftigt und seither als Leiter des Wachenbereichs tätig, lobt den Lückenschluss. Mit dem neuen Standort ist seine Crew auf fast 60 Kollegen angewachsen, was sowohl vom Einsatzaufkommen als auch für die Standards beim Arbeitsvolumen der Mitarbeiter gerechtfertigt ist. „Deshalb gab es ja auch von allen verantwortlichen Stellen grünes Licht für das zusätzliche Angebot.“ Denn es trägt zu einer Entlastung am Berliner Rand ebenso bei wie zum Beispiel im Raum Fürstenwalde. „Das wird sich in der Alarmierung bemerkbar machen und bei den zurückzulegenden Wegen“, sagt der Fürstenwalder. Die regionale Leitstelle schickt die Rettungskräfte je nach Verfügbarkeit raus. Ziel sei es selbstverständlich, den kürzesten Weg anzuwählen und die Hilfefrist einzuhalten. Das dichtere Netz helfe nun, dem Anspruch noch besser gerecht zu werden.
Rettungsdienst und Notarzt rückten in den ersten Vier Wochen 250-Mal aus
Was die Schwerpunkte bei den Einsätzen anbelangt, führt der Wachenleiter die Seniorenheime, die Reha-Klinik, die Tesla-Fabrik und das übrige Güterverkehrszentrum Freienbrink (GVZ) an. „Das ist nicht verwunderlich, dass hier die meisten medizinischen Notfälle auftreten.“ Bei den älteren Menschen und jenen in der Rehabilitation liege es an der gesundheitlichen Konstitution, beim Elektroautobauer an der hohen Anzahl an Arbeitern im Produktionsprozess, und im übrigen GVZ unter anderem an der Tatsache, dass bei den Handels-Logistikern viele Lasten bewegt werden. „In der Industrie und in Gewerbebetrieben kommt es halt regelmäßig zu Unfällen.“ Mit Blick auf Tesla räumt Tscharntke ein, dass seine Kollegen quasi täglich dorthin gerufen werden, zu Edeka, Lidl und ins übrige GVZ nicht ganz so häufig, aber ebenfalls regelmäßig. „Was oft gedacht wird, dass Verkehrsunfälle und Notfälle im häuslichen Milieu den Hauptteil unserer Arbeit ausmachen, ist ein Irrglaube.“ In den ersten vier Wochen kamen in Freienbrink rund 130 Einsätze für den Rettungs- und 120 für den Notarztwagen zusammen.
Nachdem also der erste Monat um ist, stellt sich die Frage, wie gut sich der Rettungsdienst im neuen Domizil eingelebt hat. „Eigentlich findet man ja immer was, wo man denkt: „Ach hätten wir das doch anders gelöst“, sagt Tscharntke. „Aber bisher hat keiner der Kollegen etwas bemängelt. Allerdings ist das nicht verwunderlich. Wir waren von Anfang an in die Planung einbezogen, das hat wirklich vorbildlich geklappt.“
Und es gebe keinen Neid, weil der eine in Freienbrink unter modernsten Bedingungen arbeiten darf und ein anderer woanders eben nicht. Alle, die zum Standort Erkner gehören, werden in allen Satelliten-Stützpunkten eingesetzt. Das sei allein schon deshalb so, damit alle das gesamte Gebiet und sämtliche Gegebenheiten kennen, universell einsetzbar sind und nicht betriebsblind werden. Das gelte sowohl bei der Zusammenstellung der Teams als auch für die Örtlichkeiten.
Vorbildliche Bedingungen für Rettungskräfte und Notarzt als Zeichen der Wertschätzung
Geht es um die Struktur des Netzes der Rettungswachen, stellt sich in der Regel zuerst die Frage, wie Hilfebedürftigen am schnellsten geholfen werden kann. Aber, die Sache hat auch eine zweite Seite. Und da kommt abermals das Team ins Spiel. Wie der Wachenleiter sagt, gibt es natürlich Standards, was die Arbeitsbelastung, was das Zeitmanagement anbelangt. „Wir sind angehalten, die Aktivzeiten einzuhalten, dass die Mitarbeiter ausreichend Ruhezeiten im 24-Stunden-Dienst haben.“ Sind die Wege im Einsatz weit, belastet das das Aktivzeiten-Konto. „Auch unter diesem Blickwickel sorgt die neue Zentrale für mehr Effektivität.“ Und natürlich ist der Bau, der gemäß DIN-Regeln geplant und umgesetzt wurde, in Sachen Arbeitsschutz auf vorbildlichem Niveau. Ausreichender Platz, um die Fahrzeuge in der Halle zu beladen, das Inventar zu reinigen und desinfizieren zu können gehört ebenso hinzu, wie Rückzugsräume, Klimaanlage und Verschattungsmöglichkeit, um den Aufenthalt angesichts der Temperaturentwicklung im Sommer erträglich zu machen. Das sei kein Luxus, das seien moderne Arbeitsbedingungen, die einem Team, das in Notsituationen hochqualifiziert helfen muss, Leben retten soll, angemessen seien, betont Tscharntke.
Solch ein Umfeld, das mit Wertschätzung gleichzusetzen ist, kann im besten Fall als Magnet bei der Gewinnung neuer Kollegen dienen. „Bedarf an personeller Stärkung des Teams gibt es immer“, sagt der Wachenleiter. Wobei der Weg zum Rettungsassistenten und zum Notfallsanitäter selbst Quereinsteigern offen steht, unterstreicht Andreas Tscharntke. (Anke Beißer)