Es ist Sonntagmorgen, 10 Uhr, in Grünheide. Während viele Menschen gemütlich beim Frühstück sitzen oder Sonntagsaktivitäten z.B. einen Ausflug starten, läuft eine Frau mit einem kleinen Rucksack auf dem Rücken den Weg auf dem Kirchberg hoch in Richtung Kirche „Zum guten Hirten“. Sie geht den Weg wahrlich nicht zum ersten Mal, aber er ist ihr schon mal leichter gefallen. Dennoch setzt sie einen Fuß vor den anderen, bis sie an der Tür der Kirche angekommen ist. Nun noch die Treppe der Kirche bis zur Empore schaffen und dann sitzt sie auf ihrer so vertrauten Orgelbank, bereit für den Gottesdienst, auf den sie sich jede Woche vorbereitet und der um 11 Uhr beginnt. Sonntag für Sonntag geht sie diesen Weg.
70 Jahre Organistin in Grünheide
Es ist Hannelore Pfennig, die treu diesen Dienst versieht und am 18. Januar diesen Jahres ihren 90. Geburtstag feiern kann. Das allein ist schon ein Grund zum Feiern, aber Hannelore Pfennig ist seit 70 Jahren eine der, ich würde sagen, die Organistin in der Kirche „Zum guten Hirten“. 1954, als 20-jährige junge Frau, legte sie die Orgelprüfung beim damaligen Fürstenwalder Kantor Wolfgang Kahl ab. Seine Frau Annemarie prüfte sie in Musiktheorie. Seitdem ist Hannelore Pfennig eng mit der Grünheider Orgel verbunden. „Nebenher“ hat sie sich zur Krankenschwester ausbilden lassen, und jahrzehntelang als chirurgische Schwester im Krankenhaus in Rüdersdorf ihre Spuren hinterlassen. Da gab es auch schon mal spitze Bemerkungen eines früheren Pfarrers, wie sie denn am Sonntag arbeiten könne, wo sie doch an der Orgel gebraucht würde, erzählte sie mir mal mit Augenzwinkern.
„Wer sich die Musik erkiest, hat ein himmlisch Werk gewonnen; denn ihr erster Ursprung ist von dem Himmel selbst genommen, weil die lieben Engelein selber Musikanten sein.“ so hat der Reformator und Lieddichter Martin Luther den Blick auf die Musik beschrieben. Hannelore Pfennig hat in 70 Jahren Orgeldienst wahrlich immer wieder Himmlisches zum Klingen gebracht und darüber hinaus auf unzähligen Taufen, Trauungen und Beerdigungen, Menschen an wichtigen Lebenswendungen musikalisch begleitet. Als Engel würde sie sich vermutlich selbst nicht bezeichnen, obwohl sie als Kind und junge Frau häufig im Engelschor der Grünheider Krippenspiele dabei war und auch im hohen Alter wieder die Lust am Krippenspiel entdeckte, auch einmal wieder als hochbetagter Weihnachtsengel.
„Sie ist ein Pfundskerl.“
Als Nachbar, der ich mit meiner Familie 18 Jahre neben Hannelore wohnen durfte, kann ich nur sagen: Sie ist ein Pfunzkerl und ein bemerkenswerter Mensch. Wir sind dankbar, dass es Hannelore Pfennig gibt und gratulieren ihr im Namen ihrer Kirchengemeinde ganz herzlich zu ihren Jubiläen.
2008 haben wir gemeinsam in ihrer Kirche ihre diamantene Konfirmation gefeiert, mittlerweile kann sie auf 76 Jahre Konfirmation zurückblicken. Die gebürtige Friedrichshainerin ist ein Grünheider Urgestein und aus unserer Kirchengemeinde nicht wegzudenken. Wir wünschen Dir liebe Hannelore, ausreichend Kräfte bei erträglicher Gesundheit, wenig Schmerz in den Fingern und allzeit Gottes Segen auf deinem Weg. Wie heißt es in ihrem Konfirmationsspruch: Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch alles zufallen. (Mt 6,33) Bleib behütet! In freundschaftlicher Verbundenheit (Steffen Madloch)