Marco Jonscher hat die Gesundheit der Bäume im Blick

Er mag es, die Wanderschuhe anzuziehen und „den Rucksack durch den Wald zu tragen“, wie er sagt. Manchmal packe es ihn und er gehe zu Fuß von der Arbeit nach Hause. Das heißt, er läuft vom Rathaus Grünheide über Klein Wall und Hangelsberg bis nach Fürstenwalde. Als gebürtiger Insulaner liebt er seine Insel Rügen, ist jedoch kein Strandmensch. „Ich schlendere gern durch Sassnitz oder schlüpfe in meine Stiefel und wandere die Steilküste entlang.“ Was er sich abgewöhnt hat, ist dabei ständig in die Höhe zu gucken, um zu inspizieren, wie es um den Zustand der Bäume bestellt ist. Das macht er schließlich von Berufs wegen Tag für Tag: Marco Jonscher ist der Baumschutzfachmann von Grünheide.

Der 40-Jährige ist zum vermeintlich schlechtesten Zeitpunkt zur Rathausmannschaft hinzugestoßen. Mitten in der Coronapandemie, am 1. Juli 2020, startete sein Arbeitsverhältnis. „Es war eine merkwürdige Zeit, das stimmt.“ Aber als schwierig würde er sie für sein Metier nicht bezeichnen. „Um die Bäume zu begutachten, war ich ja draußen und allein unterwegs.“ Und im Kontakt mit Bürgern wurde halt Maske getragen.

Für Jonscher stand schon früh fest, dass er seinen Einstieg ins Berufsleben bei der Bundeswehr sieht. Zwar hatte es mit der Pilotenausbildung nicht geklappt, dafür ist er Fallschirmjäger geworden. Nach seinem planmäßigen Rückzug ins zivile Leben und zwei Jahren Pause – nicht zuletzt nach zwei Auslandseinsätzen in Afghanistan (Kundus und Faizabad) wohl verdient – sollte es 2013 für ihn beruflich weitergehen. „Auf der Insel war allerdings nichts zu finden“, sagt Jonscher, der bei der Bundeswehr eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten absolviert und in seiner Auszeit nach dem aktiven Dienst auch Angebote des Berufsförderungsdienstes der Bundeswehr wahrgenommen hatte.

Nach der Bundeswehr und einer Auszeit ging es in die kommunale Verwaltung

Der Liebe Richtung Ostbrandenburg folgend, tat sich eine Stelle im Bauamt von Steinhöfel auf. Zu seinen vielfältigen Aufgaben zählte dabei auch die Kontrolle der Spielplätze und Bäume. „Das bedeutete für mich learning by doing, denn ich war ja auf dem Gebiet kein Fachmann“, erinnert er sich. Jonscher besuchte Baumseminare, sprach mit Fachfirmen und Förstern. Und, die Arbeit draußen lag ihm sehr. „Ich bin wetterfest.“ Schließlich wurde er Bauamtsleiter – war aber nicht rundum glücklich. Die Stellenausschreibung für den Sachbearbeiter Baumschutz in Grünheide kam ihm da gelegen. „Ich bin zwar kein Leiter mehr. Aber das große Plus ist: Ich bearbeite nur noch ein Thema und kann mich auf das Fachgebiet konzentrieren.“

In Kagel stehen die meisten gemeindeeigenen Bäumen

Und da gibt es in Grünheide einiges zu tun. Mehr als 15.000 Bäume stehen auf kommunalem Grund – ausgeklammert der Wald –, 11.281 sind bereits im digitalen Kataster erfasst. Die meisten wachsen in Kagel in den Himmel (3640), gefolgt von Grünheide (3540), Hangelsberg (1346), dem GVZ und Freienbrink (862), Spreeau (805) sowie Mönchwinkel (578) und Kienbaum (510). Marco Jonschers Aufgabe ist es, ihren Zustand regelmäßig zu kontrollieren und zu protokollieren, um der Verkehrssicherungspflicht der Gemeinde nachzukommen. Zweimal die Woche geht er dafür auf Tour. „Aktuell bin ich in Kagel-Möllensee in der Erich-Weinert-Straße unterwegs.“ Zieht ein Sturm über die Region, kommt es dort häufig zu vermehrten Schäden. Zu den Sorgenkindern hat zuletzt die Stelzenkiefer am Werlsee-Nordstrand gezählt. Leider musste sie letztlich gefällt werden. Stets im Blick hat der 40-Jährige auch den Eulenbaum, also die Ulme in Kienbaum – den mit geschätzten 800 bis 1000 Jahren wohl ältesten Baum im Gemeindegebiet. „Er ist okay“, ist Jonscher derzeit beruhigt.

Für jede turnusmäßige Baumkontrolle – jedes Gehölz soll regelmäßig einmal mit und einmal ohne Laub in Augenschein genommen werden – benötigt er um die fünf bis sieben Minuten. Auf seinem Tablet wird er durch das immer gleiche Prozedere geleitet, arbeitet die Aufgaben ab, beantwortet die Fragen. So entsteht ein aktuelles Abbild eines jeden Baumes, kann dessen Vita langfristig nachverfolgt werden. Das Arbeitsfeld betrifft aber längst nicht nur die kommunalen Bäume. Hinzu kommen noch 400 bis 600 „Bürgerbäume“ im Jahr, die Jonscher im Zuge der Bearbeitung von Fällanträgen besichtigt.

Eine Baumart hat es Jonscher besonders angetan

„Ich mag den vielseitigen Kontakt zu den Bürgern. Und ich mag es, draußen unterwegs zu sein und bei der Arbeit nicht ständig auf den Bildschirm starren zu müssen.“ Wer sich so viel mit Bäumen befasst, hat der auch eine Lieblingsart? „Die Platane“, muss Marco Jonscher gar nicht lange überlegen. Prächtige Exemplare stünden im Schlosspark von Steinhöfel. Er wisse zudem von einem privaten Baum ganz in Rathausnähe, und auch im Bürgerpark von Grünheide gedeihen Jungbäume dieser Art. (Anke Beißer)