Für die erste Septemberwoche hatte Kerstin Wasmuth, die Kümmerin von Grünheide, zu einer besonderen Ausfahrt eingeladen: Ein Reisebus sammelte in allen Ortsteilen der Gemeinde 20 Frauen und Männer fast vor ihren Haustüren ein, um mit ihnen die Musterwohnung in Deutschlands modernstem Beratungs- und Informationszentrum für häusliche Pflege und selbstbestimmtes Leben zu besichtigen. Sie befindet sich im Haus der Zukunft am Unfallkrankenhaus Berlin (UKB) und wird von dem gemeinnützigen Verein Smart Living & Health Center e. V. (SLHC e.V.) getragen. Zu den Gründungsmitgliedern zählen Unternehmen aus dem Gesundheitsbereich, wie beispielsweise das Unfallkrankenhaus Berlin (ukb), die ARONA-Klinik oder die EproTec GmbH, sowie renommierte Persönlichkeiten des gesellschaftlichen Lebens.
Der Verein hat mit dem Haus der Zukunft einen beispielhaften Ort geschaffen, an dem die vielfältigen Möglichkeiten für ein selbstbestimmtes Leben und Wohnen trotz Einschränkungen gezeigt werden. Johannes Martin, stellvertretender Geschäftsführer des SLHC e.V., begrüßte die Teilnehmenden und führte persönlich durch die Musterwohnung. Der Hilfsmittelkatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen umfasse annähernd 40.000 Produkte, sagte Martin. Keine Ärztin, kein Therapeut, keine Pflegekraft, kein Sanitätshaus könne alle diese Produkte kennen. Im Haus der Zukunft hätte nun sehr Vieles seinen Platz gefunden, obwohl die gesamte Anzahl sicher nirgends auf einmal gezeigt werden könne.
Ein Rundgang mit dem Blick auf besondere Details
Der Rundgang begann an der Wohnungseingangstür, wo Johannes Martin das spezielle digitale Klingelbrett vorführte. Die Tür sprang auf und die Besucher folgten ihm in den Wohnungsflur, wo verschiedene Möglichkeiten für gute Beleuchtung gezeigt wurden. Dabei ging es, wie überall in der Wohnung, sowohl um eher hochpreisige Lösungen als auch um Problemlösungen, die sich mit Produkten aus dem Baumarkt preiswert umsetzen lassen. Im Schlafzimmer waren alle sehr beeindruckt von dem Bett mit Matratze, die sich nicht nur am Kopf- und Fußteil verstellen ließ, sondern per Fernbedienung auch so gedreht und hochgefahren werden konnte, dass sie als Aufstehhilfe dienen konnte. Im optisch sehr ansprechenden Bad wurden unter anderem ein höhenverstellbares WC und Waschbecken vorgestellt. Dass die Dusche bodengleich ist, versteht sich. Interessant zu erfahren war, dass sich solche Duschen dank einer speziellen Pumpe im Wandvorbau auch bei schwierigem Fußbodenaufbau realisieren lassen. Vom Ganzkörperfön, der als langer, senkrechter Schlitz in die Wand eingelassen war, hätte sich die eine oder der andere gerne ein bisschen verwöhnen lassen. Gedacht ist er aber vor allem für Menschen, die es nicht mehr schaffen, sich nach dem Duschen selbst abzutrocknen. Zudem spart man sich dadurch die Handtücher.
Weiter ging es ins Wohnzimmer. Dort stellte der stellvertretende Geschäftsführer unter anderem verschiedene Varianten für den Hausnotruf und für die Alarmierung nach Stürzen vor. Die ist beispielsweise möglich durch eine Deckenlampe, die zwar wie eine handelsübliche aussieht, aber einen speziellen Sensor zur Beobachtung des Fußbodens eingebaut hat. Nimmt dieser Sensor eine Person am Boden wahr, wird nach kurzer Wartezeit ein Alarm ausgelöst.
In der Küche konnten alle aus der Gruppe alles selbst anfassen und ausprobieren – so zum Beispiel spezielles Besteck sowie Flaschen- und Dosenöffner für Hände, die von Arthrose geplagt oder sehr kraftlos sind. Vorgeführt wurde ein Einbauregal für Hängeschränke, das sich leicht nach unten absenken lässt. Somit kann auch jemand mit Bewegungseinschränkungen diesen Hängeschrank wieder aktiv benutzen.
Die Besichtigung endete auf der Terrasse des Hauses der Zukunft. Dafür überschritten die Teilnehmenden eine Schwelle zwischen Terrassentür und dem Außenbereich, wie es sie in vielen Wohnungen gibt. Für Rollstuhlfahrer und Benutzerinnen von Rollatoren ist sie oft eine schwierige Hürde. Hier wurden verschiedene Rampenvarianten vorgestellt, von denen sich einige sehr gut in eine normale Wohnsituation einfügen. Auf der Terrasse standen interessante Varianten von Hochbeeten, die sich auch im Sitzen bearbeiten lassen. Außerdem gab es eine einfache Lösung für einen Grill, dessen Rost mittels hinzugefügtem Wagenheber angehoben und abgesenkt werden konnte.
Während der gesamten Veranstaltung schaltete Gabi Loke, Reporterin und Redakteurin bei Radio Ginseng, immer wieder ihr Reportergerät und ihr Mikrofon ein, um Informationen und auch Meinungen der Mitreisenden einzufangen. Radio Ginseng ist ein Radiosender von Senioren für Senioren und hat seinen Sitz im Robert-Havemann-Klubhaus in Grünheide.
Vor Umbau Beratung im Haus der Zukunft empfohlen
Das Echo war eindeutig: Der Besuch im Haus der Zukunft hat sich sehr gelohnt. Alle konnten Anregungen mitnehmen, wie sich das Wohnumfeld so anpassen lässt, damit man so lange wie nur möglich selbstbestimmt in den eigenen vier Wänden wohnen bleiben kann. Die Anregung von Johannes Martin, bei Bedarf zuerst zur kostenlosen Beratung in dieses Haus zu kommen und erst danach sich das am besten passende Hilfsmittel vom Arzt oder der Therapeutin verschreiben zu lassen, kam gut an. Anders als in Sanitätshäusern oder ähnlichen Geschäften kann man hier nichts kaufen. Die Einrichtung ist ausschließlich zur Information und Beratung da. Das allgemeine Fazit war, dass jeder ältere Mensch mit Einschränkungen und jeder Pflegebedürftige, auch in jüngeren Jahren, die Musterwohnung einmal besuchen sollte. (Kerstin Wasmuth/Anke Beißer)