Überraschung nicht ausgeschlossen – im Bücherpavillon am Bürgerpark

Auf einer Parkbank sitzen, die Sonne und die frische Luft in der Natur genießen. Fehlt nur noch ein gutes Buch, wird sich so mancher denken. Keines dabei? Kein Problem im Grünheider Bürgerpark. Idyllisch an Kanal und Peetzsee im Schatten eines großen Kastanienbaumes gelegen muss niemand auf Lektüre verzichten. Denn der dortige Pavillon ist eine Bücherstube und bieten für jeden Geschmack ausreichend Lesefutter.

Beliebter Ort zum Stöbern: Der Bücherpavillon im Bürgerpark Grünheide wird von Leseratten gern besucht. Foto: Anke Beißer
Beliebter Ort zum Stöbern: Der Bücherpavillon im Bürgerpark Grünheide wird von Leseratten gern besucht. Foto: Anke Beißer

Seit Herbst vorigen Jahres gibt es einen Paten, der sich um den kleinen Schatz kümmert. Burkhard Teichert hält Ordnung, sichtet neu abgelegte Lektüre und jene, die zurückgekommen ist. Um für mehr Übersicht zu sorgen, führte er ein System ein und versah die Regalfächer mit Kategorien. Krimis, Biografien, Klassiker, Lebenshilfe, Reisen und natürlich Kinderliteratur. Weit mehr als 500 Bücher stehen zur Auswahl. Und der 73-Jährige hat alle auf Ansehnlichkeit und Relevanz geprüft. „Wir wollen ja nicht, dass sich Leute hier entmüllen.“ Er hat es auch zur Regel gemacht, dass gelesene Bücher auf eine separate Ablage kommen. „Dann weiß ich, was auf Interesse trifft und was nicht.“ Bücher, die gar nicht ankommen, bringt er zu den Samaritern nach Fürstenwalde.

Zweimal die Woche mit dem Rad zum Bücherschatz

Der Fangschleuser legt viel Herzblut in sein Ehrenamt. „Ich bin Literaturliebhaber.“ Und er sei schon immer gesellschaftlich tätig gewesen, wolle sich auch im Alter noch einbringen.  Er und der Bücherpavillon, das passe sehr gut. Zweimal die Woche radelt er in den Bürgerpark. „Gleich noch ein guter Grund, sich zu bewegen“, sagt Burkhard Teichert augenzwinkernd. Wenn er durch die Sammlung geht, könne es schon mal sein, dass er sich festliest. Zuletzt sei er auf ein Buch gestoßen mit Briefen eines deutschen Soldaten, die dieser 1939 bis 1945 nach Hause geschickt hat. Es sei ein Feingeist gewesen, wollte Schriftsteller werden. Und doch sei er den Wahnsinnsideen der Nazis verfallen gewesen. „Ein hochspannendes Buch“, sagt Teichert und sucht es vergeblich in der Auslage. „Dann ist es wohl gerade unterwegs. Es ist gut, wenn es gelesen wird.“

Überraschung: Burkhard Teichert findet in manchem Buch noch Erinnerungen an die einstigen Besitzer - Grußkarten und auch Widmungen. Foto: Anke Beißer
Überraschung: Burkhard Teichert findet in manchem Buch noch Erinnerungen an die einstigen Besitzer – Grußkarten und auch Widmungen. Foto: Anke Beißer

Der Fangschleuser hat aber bei den Büchern nicht nur inhaltlich einige Überraschungen erlebt. So verweist er zum Beispiel auf ein Doppelbuch. Je nachdem, wie herum es gehalten wird, kann einmal „Seit Adam“ von Terry Lawrence gelesen werden und „Mondschein über Monterey“ von Sally Goldenbaum – ein Buch, zwei Romane. Und wirft er einen Blick in die Bücher, entdeckt er zuweilen noch Widmungen, geschwärzt oder ungeschwärzt, Kartengrüße – oder sogar Terracotta-Steinchen im Gartenratgeber. „Ich halte das alles fest“, sagt Teichert und gibt zu, sich über diese Spuren von Unbekannt zu freuen.

Traurige Entdeckung: Am 7. März bemerkte Gemeindemitarbeiterin Marlies Eyck, dass der Pavillon beschmiert und verwüstet worden war. Foto: Marlies Eyck
Traurige Entdeckung: Am 7. März bemerkte Gemeindemitarbeiterin Marlies Eyck, dass der Pavillon beschmiert und verwüstet worden war. Foto: Marlies Eyck

Alles andere als erfreut war er allerdings, als er von der Gemeinde erfuhr, dass der Pavillon am 8. März von Schmierfinken heimgesucht wurde. Farbe an den Fenstern und Brandmarken auf dem Fußboden waren ärgerliche Spuren von Vandalismus. „Dabei hatten wir das Gefühl, das grundsätzlich respektvoll mit dem Angebot umgegangen wird“, sagt der Bücherpate und wünscht sich, dass das eine einmalige Attacke war. (Anke Beißer)