Von der Wiege bis zum Abitur – 17 Jahre auf dem Löcknitzcampus

An einem Standort von der Wiege bis zum Abitur – so beschreibt die Gemeinde Grünheide gern die Philosophie auf dem Löcknitzcampus.  Kita, Grundschule und Hort in kommunaler Hand sowie Oberschule und Gymnasium unter dem Dach eines privaten Trägers füllen den Slogan auf dem Gelände An der Löcknitz mit Leben. Vier junge Leute, die in diesen Tagen ihre Abiturzeugnisse erhalten und somit ihre Rundreise auf dem Campus abschließen, lassen die bis zu 18 Jahre Revue passieren.

Zwei, die in der Kita Haus Kunterbunt Mitte der 2000er Jahre ihre erste Zeit jenseits der elterlichen Obhut verbracht haben, sind Coralie Große, mittlerweile 18, aus Altbuchhorst und Dennis Maschlonkowski aus Spreewerder. Der 19-Jährige schwärmt noch immer von dem mit Hügeln modellierten Außengelände, in dem er einst mit dem Bobbycar umher gedüst ist. Die Abiturientin erinnert sich an die ersten Englisch-Lektionen. „Zu meinem Geburtstag haben wir Geburtstagsworte gelernt und sind um eine Kerze getanzt“, schmunzelt sie. Und dann die Adventszeit: „Es gab einen riesigen Weihnachtsbaum. Der reichte vom Erdgeschoss bis hoch in die zweite Etage“, erzählt Dennis. „Und darunter lag ein schlafender und schnarchender Weihnachtsmann“, ergänzt Coralie. „Echt? Das weiß ich nicht mehr!“, gesteht er sich eine Erinnerungslücke ein.

Während Dennis Maschlonkowski 2010 eingeschult wurde, folgte Coralie Große ein Jahr später und traf dabei unter anderem auf Josephine Scherfling aus Lichtenow und den Kageler Paul Weber, beide mit Erinnerungen an die Kneipp-Kita Wasserfrösche in Kagel ausgestattet. „Wir haben oft Fußbäder gemacht, sind im Winter barfuß durch den Schnee gestapft und haben dabei ausprobiert, wer die größte Runde schafft“, erzählt die 18-Jährige. Sie habe das abgehärtet und noch heute verzichte sie gern auf Socken und Schuhe.

Die Lehrerinnen aus der Grundschulzeit waren prägend

Was die gemeinsame Schulzeit anbelangt, empfindet das Quartett vor allen die Lehrerinnen prägend. Dennis führt hier Heike Türpe an, die bereits im Ruhestand ist. Die anderen hatten Kathleen Zager zur Klassenlehrerin. „Wir sind auch als Gymnasiasten immer mal zu ihr hin, um mit ihr zu reden“, sagen die Drei. Und sie haben sie zur Zeugnisausgabe eingeladen. Worin sich die jungen Erwachsenen einig sind: Das Leben auf den Schulhof habe sich extrem geändert. „Wir durften den Rasen nicht betreten, heute interessiert das keinen mehr“, nennt Josephine Scherfling ein Beispiel. Mit ihnen sei damals strenger umgegangen worden. Aber an die Regeln, die sie mit auf den Weg bekommen haben, halten sie sich noch. „Wir würden im Bus nie die Füße auf die Sitzbank legen. Frau Zager hat gesagt, das macht man nicht,“ sind sie sich einig. Sie sei streng, aber gerecht gewesen. „Und wer gegen Regeln verstoßen hat, musste Strafarbeiten erledigen, etwa die Hausordnung abschreiben“, fällt Paul Weber ein Beispiel ein.

Der Schulweg war für alle, bis auf Coralie, mit Busfahrten verbunden. „Ich bin all die Jahre immer mit dem gleichen Bus gefahren. In der Grundschule hat es zeitlich besser gepasst, mit den Docemus-Zeiten nicht ganz so“, weiß Dennis. Ihnen seien total nette Fahrer begegnet und grummelige. „Insgesamt bestimmt so 20, 30“, schätzt Paul. Wenn sie durchgreifen mussten, haben sie das gemacht, und dann war gut. Coralie ist derweil fast immer mit dem Fahrrad zur Schule gekommen. „Anfangs hat mein Vater mit mir geübt, dann hat er mich alleine fahren lassen. An der Schule hab ich dann mein Klapphandy rausgeholt“ – bei dem Begriff muss die Runde grinsen – „und gesagt, dass ich gut angekommen bin. Nachmittags hat mich mein Opa oft abgeholt.“

Auf Empfehlung und den gewohnten Weg bis zum Abitur

Dass auf die Grundschule die Docemus-Schule folgen soll, war für alle vier die erste Wahl. Gute Erfahrungen der Geschwister und der gewohnte Weg waren ausgemachte Vorteile. Und es habe sich ausgezahlt, sind sich die jungen Leute einig. Spielten an der Grundschule die Lehrer eine wichtige Rolle, waren es später neben den Inhalten vor allem die Methoden und Verhaltensweisen. Dazu zählen die Vier Dinge, wie die Form des Miteinanders, das soziale Verhalten, das dialektische Denken, den Umgang mit Quellen, die Fähigkeit, seine eigene Meinung zu sagen und sich nicht zu verbiegen. Nennt Coralie die Bibliothek in der Grundschule einen beliebten Rückzugsort, so verweist Josephine am Gymnasium auf den Klassenraum. „Das war der uns vertraute und geschätzte Ort.“

Abschied vom Löcknitzcampus: Mit dem Abitur in der Tasche geht es für das Quartett nur erst einmal in die weite Welt hinaus. Foto: Iris Maschlonkowski
Abschied vom Löcknitzcampus: Mit dem Abitur in der Tasche geht es für das Quartett nur erst einmal in die weite Welt hinaus. Foto: Iris Maschlonkowski

Mit dem Abitur in der Tasche steht nun endgültig der Abschied vom Löcknitzcampus fest, bleibt den Vieren gar nichst anderes übrig, als sich an neue Wege, neue Orte, neue Gegeben- und Gepflogenheiten zu gewöhnen. Und die sehen sehr unterschiedlich aus. Coralie Große geht für ein Jahr zum „Work und Travel“ nach Australien. Danach kann sie sich vorstellen, Notfallsanitäterin zu werden. Josephine Scherfling will Kunst studieren, hatte aber noch kein Glück mit einem Studienplatz. „Mit dem Zeugnis bewerbe ich mich jetzt für ein freiwilliges soziales Jahr, vielleicht bei einer Jugendbetreuungseinrichtung in Rüdersdorf“, lautet ihr Plan. Paul Weber beginnt eine Ausbildung bei der Edis zum Elektroniker für Betriebstechnik und wechselt dafür nach Brandenburg an der Havel. Bei Dennis Maschlonkowski sind die Chancen am größten, doch nicht für immer „Ade“ zu sagen: „Ich studiere in Potsdam auf Lehramt, Geografie und Geschichte“, benennt er seine nächste Etappe. Und wer weiß, vielleicht führt ihn ja ein Praktikum, sein Referendariat oder gar eine Anstellung an die Löcknitz zurück. (Anke Beißer)