Am Montag (17. März) ist Lieselotte Fitzke in ihrem Zuhause in der Fangschleuser Löcknitzstraße friedlich eingeschlafen. Sie wurde 89 Jahre alt. Anke Beißer sprach für „Grünheide im Blick“ mit ihrem Sohn, Ralf-Peter Fitzke, um ihr Leben und ihre Verdienste für ihren Heimatort noch einmal Revue passieren zu lassen.
„Sie hat riesige Fußstapfen gesetzt, die kann man überall sehen. Natürlich hat sie das nicht allein geschafft, aber ihr ist es gelungen, für ihre Visionen, für ihre Pläne Leute ins Boot zu holen“, sagt der 66-Jährige über die langjährige ehrenamtliche Bürgermeisterin. Seine Mutter sei diplomatisch gewesen, gleichzeitig aber hartnäckig und mit hohem Sachverstand. „Sie hat stets das Ganze gesehen, im Kleinen die notwenigen Dinge auf den Weg gebracht, damit das Große vorangebracht werden konnte.“
In der Uckermark geboren – in Fangschleuse Heimat gefunden
Lieselotte Fitzke, mit Mädchennamen Manthei, wurde am 15. November 1935 im kleinen Örtchen Wismar in der Uckermark geboren und ist auch dort aufgewachsen. Anfang der 1950er-Jahre lernte sie ihren späteren Mann Karl kennen, der im benachbarten Blumenhagen wohnte und deren Familie einen kleinen Landwirtschaftsbetrieb besaß. Das Paar heiratete am 28. Januar 1955 und Lieselotte zog mit auf den Hof von Karls Eltern. Da seine Eltern mit dem Betrieb nicht in die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) eintreten wollten, suchten sie alle nach einer neuen Bleibe. Der Zufall führte sie so Ende 1956 nach Fangschleuse, wo sie sich und der folgenden Generation ein Zuhause aufbauten.
Keine Zeit für Urlaub
Ralf-Peter Fitzke erinnert sich, dass das, was seine Großeltern begonnen hatten, von seinen Eltern fortgeführt wurde. „Wir waren fast Selbstversorger, es gab Tiere, Obst und Gemüse. Es sollte uns immer gut gehen. Meine Eltern gehörten der Generation des Aufbaus an. Sie haben das Haus und alles was dazu gehört, selber hergerichtet, gehegt und gepflegt.“ Erst nach der Wende seien sie mal in den Urlaub gefahren – nach Sankt Petersburg und ans Nordkap. Das habe ihnen gefallen. Zuvor sei für Urlaub keine Zeit gewesen.
In Grünheide hatte Lieselotte Fitzke viele Jahre im Konsum gearbeitet, der an der heutigen Ampelkreuzung beheimatet war. Später wechselte sie in die Vertriebsabteilung der „Lötkolbenbude“ Woltersdorf. Anfang der 1970er-Jahre setzte sie sich noch einmal auf die Schulbank und absolvierte ein Fachhochschulstudium in Dippoldiswalde, das sie 1976 als Ingenieur-Ökonomin abschloss. Danach arbeitete sie bei den Wasserbetrieben in Berlin-Friedrichshagen. In der Wendezeit begleitete sie als Personalrätin die Fusion der Wasserbetriebe von West- und Ostberlin. „Ihr energisches Auftreten für die Interessen der Ostler hat ihr den Beinamen ,Rote Lilo‘ eingebracht“, erinnert der Sohn.
Nach der Wende in die Politik eingestiegen
Vorher hatte sich Lieselotte Fitzke nicht mit Politik beschäftigt. „Nach der Wende gab es in Grünheide zwei, drei Veranstaltungen in der Gaststätte, Seeblick‘ in der Werlseestraße, wo die ganze Familie teilnahm.“ Die wurden dann zu Hause ausgewertet, und die Mutter habe gesagt: „Wir müssen was tun!“ Da die anderen Familienmitglieder sich das nicht zutrauten oder zeitlich nicht einrichten konnten, habe sie gesagt. „Dann kümmere ich mich.“ Damit war ihre Entscheidung gefallen, sich in der Kommunalpolitik zu engagieren, und diese nahm fortan einen Großteil ihrer Freizeit ein. „Jetzt hat vor allem mein Vater ihr den Rücken freigehalten. Sie haben sich super ergänzt.“

Lieselotte Fitzke war seit 1990 bis 2014 für die SPD Gemeindevertreterin von Grünheide, wirkte bis zur Bildung der Großgemeinde (2003) im Amtsausschuss mit, war zu Amts-Zeiten ab 1992 erst Ortsteilbürgermeisterin, nach der Gemeindefusion Ortsvorsteherin von Grünheide. Sie gehörte zudem von 1994 bis 2014 dem Kreistag (erst Fürstenwalde, dann Oder-Spree) an und hatte sowohl in der Gemeindevertretung als auch im Kreistag lange den Vorsitz inne.
Entwicklung in Grünheide und im Kreis geprägt
In all den Jahren hat Lieselotte Fitzke die Entwicklung in ihrem Heimatort und im Kreis entscheidend mitgeprägt. Was ihr immer sehr am Herzen lag, war das Augenmerk auf die Menschen. Sie führte die persönliche Begrüßung der neuen Erdenbürger in Grünheide ein, ließ die Seniorenweihnachtsfeier und den Dankeschöntag für Ehrenamtler zur Tradition werden. Sie habe immer ein offenes Ohr für die Grünheider gehabt, habe geholfen, wo sie nur konnte. Wer ein Problem hatte, bekam von vielen Seiten gern den Tipp: „Geh mal zu Lilo!“ Meist wusste sie einen Weg.
Entführung in die Luft
Für ihr engagiertes Wirken und ihr großes Herz für das Ehrenamt hatten die Feuerwehr und der Grünheider Sportverein vor vielen Jahren ein ganz besonderes Geschenk für sie. Ihr Sohn Ralf-Peter „entführte“ sie zum Geburtstag zu einem Rundflug von Fürstenwalde aus über ihren Heimatort. Als sie über den Löcknitzcampus flog, hatten Feuerwehrleute und Mitglieder des Sportvereins ein großes Transparent auf dem Sportplatz ausgelegt: „Danke Lilo!“ war darauf zu lesen. Das war einer der seltenen Momente, in denen es der sonst so resoluten Frau die Sprache verschlug.

Bei allem Engagement für die Öffentlichkeit war sie aber auch durch und durch Familienmensch. „Sie mochte das Fröhlichsein und Feiern in großer Runde“, erzählt Ralf-Peter Fitzke. Mit ihrem Mann Karl, von Hause aus Koch, habe sie oft für alle gekocht. „Und ihre Torten waren legendär.“ Groß und sehr gehaltvoll.
Lieselotte Fitzke liebte es, ihre Familie um sich zu haben. So ist sie auch gestorben. Sie hinterlässt zwei Söhne, vier Enkel, fünf Urenkel und deren Familien.