Jutta Pohl bietet mit ihrem Unternehmen EHS-Pohl maßgeschneiderte Erste-Hilfe-Kurse an. Das bedeutet, sie passt ihr Weiterbildungsangebot an einzelne Zielgruppen an. Es gibt den für die meisten bekannten Führerschein-Kurs, aber auch ganz spezielle Seminare für Eltern und Großeltern, um sie mit den richtigen Verhaltensregeln im Kinder-Notfall bekannt zu machen. Zu diesem Spezialthema war sie kürzlich im Familienzentrum auf dem Löcknitzcampus zu Gast. Anke Beißer sprach für „Grünheide im Blick“ mit ihr über grundlegende Fragen, um die wichtigen Informationen noch weiter in Grünheide zu streuen.
Frau Pohl, was sind die wesentlichen Unterschiede zwischen Erster Hilfe im Allgemeinen und Erster Hilfe bei Kindernotfällen?
Jutta Pohl: Dabei geht es in erster Linie um anatomische, dann aber auch physiologische Faktoren. Beispielsweise sind Babys kleiner und ihre Atemwege enger. Daher müssen die Maßnahmen der Ersten Hilfe entsprechend angepasst werden, um effektiv zu sein.
Was heißt das konkret?
Eine Baby- und Kinder-Reanimation wird meistens aufgrund eines Sauerstoffmangels notwendig. Bei Erwachsenen sind hingegen Herzerkrankungen die häufigste Ursache für einen Herz-Kreislauf-Stillstand. Deshalb startet man bei der Reanimation eines Kindes anstatt mit der Herz-Druckmassage mit fünf Initialbeatmungen. Es gibt aber auch noch Unterschiede zwischen Kleinkind und Säugling. Deshalb empfehle ich einen „Erste Hilfe am Kind-Kurs“. Er vermittelt die wichtigsten Handlungsanweisungen und schafft für Eltern Sicherheit im Umgang mit Notfallsituationen.
Gibt es eine Art Grundregel?
Trotz erster Hilfe ist es dann vor allem wichtig, zeitnah einen Notruf abzusetzen.
Bei Kindern ist alles kleiner und wirkt zerbrechlicher. Wie können Erwachsene lernen, mit diesem, womöglich einschüchternden Umstand umzugehen?
Sie sollten den Mut haben, die Erste-Hilfe-Maßnahmen auch beim eigenen Kind zu beginnen. Jeder kennt das Sprichwort: „In der Ruhe liegt die Kraft“. Das Wichtigste ist immer, die Ruhe zu bewahren, um handlungsfähig zu bleiben. Die beste Sicherheit bietet tatsächlich ein Kurs, da hier Eltern die Möglichkeit haben, an den Übungspuppen für Babys und Kleinkind die entsprechenden Handgriffe zu erlernen sowie praktisch zu üben. Dabei lernt man, die eigene Scheu zu überwinden und zügig zu handeln. Denn nichts ist schlimmer, als „in Schockstarre“ hilflos daneben zu stehen.
Spielt die emotionale Bindung zum Kind dabei eine besondere Rolle?
Ja, auf jeden Fall. Man sollte versuchen, ruhig und souverän zu bleiben. Denn das Kind vertraut den Eltern und verlässt sich auf sie. Wegen der besonderen Bindung ist Ruhe bewahren das A und O. Kinder wollen alles entdecken und sind immer sehr neugierig, also kleine Weltentdecker. Da bleiben Verletzungen und Blessuren nicht aus, die meist keine Notfälle darstellen. Aus diesem Grunde ist es wichtig, dass Eltern echte Notfallsituationen erkennen und dann zeitnah angemessen reagieren können.
Sehr kleine Kinder können kaum oder sogar überhaupt nicht kommunizieren, was ihnen fehlt. Was raten Sie in dem Fall?
Sein Kind gut im Blick behalten und auf Veränderungen achten, in der Stimmung und im Verhalten. Besonders Eltern von Babys und Kleinkindern sind tatsächlich wahre Meister – und nicht nur im Erfragen, sondern auch im Erraten von Bedürfnissen, die zuweilen durch Unmutsäußerungen, offenkundiger Unzufriedenheit kundgetan werden. Kleinstkinder können beispielweise einen Schmerzpunkt noch nicht lokalisieren und auch noch keine Mengen angeben. Zudem spielt die Sprachentwicklungen eine wesentliche Rolle. Es sollte immer darauf geachtet werden, welche Schonhaltung Kinder einnehmen und diese im Notfall immer unterstützen.
… heißt fürs eigene Handeln?
Präsenz zeigen, sich auf das Kind konzentrieren und Ruhe bewahren. Auf die Körpersprache achten, also auf besagte Schonhaltung, aber auch Mimik und Gestik. Ohne Hektik, mit Ruhe und klar strukturiert agieren – denn, weniger ist mehr. Kinder verstehen viel besser, was man sagen will, wenn sie nicht so viel zu verarbeiten haben und nicht zusätzlich Emotionen der Mutter deuten müssen. Und: Manchmal, im Falle einer Gefahr, ist schnelles Handeln nötig. Geredet werden kann hinterher.
Babys schreien zuweilen herzzerreißend, was Erwachsene verunsichern kann. Wie ist hier der angeratene Umgang mit der Situation?
Babys können noch nicht sprechen und ihre Bedürfnisse – Hunger, kuscheln, schlafen, volle Windel – mitteilen. Deshalb schreien sie. Das ist ganz normal und nimmt ab dem vierten Monat ab. Sind die naheliegenden Bedürfnisse erfüllt, aber das Baby schreit noch immer, können Eltern noch folgende Sachen ausprobieren: leise reden oder singen, Bauch und Rücken streicheln sowie einen Spaziergang machen. Wichtig ist es, immer den Kopf zu stützen, da das Baby den vergleichsweise großen Kopf noch nicht alleine halten kann. Und keinesfalls das Baby schütteln, da das Gehirn dabei verletzt werden kann (Schüttel-Trauma).
Gibt es Dinge, noch mehr Dinge, die Erwachsene im Notfall nicht tun sollten?
Bitte auf keinen Fall selber mit dem Kind in die Rettungsstelle fahren. Mit den Notfallmaßnahmen, der richtigen Lagerung beginnen, beruhigen, die Notrufnummer wählen und gegebenenfalls den Hinweise der Leitstelle folgen, bis der Rettungsdienst kommt.
Service:
Nach Anfragen und Absprachen mit den Betrieben und Einrichtungen (Kitas, Schulen und mehr) werden Ersthelfer-Kurse dort vor Ort angeboten. Zusätzlich gibt es monatlich, vorrangig samstags, einen Kurs für Einzelanfragen (gemischte Teilnehmer). Die Termine dazu können telefonisch oder per Mail angefragt werden. Individuelle Anfragen zu Sonderkursen, Vorträgen und mehr erfolgen in telefonischer Absprache nach Anfrage.
Info/Kontakt:
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