Erholungsuchende haben auf dem Grünheider Gemeindegebiet die Qual der Wahl, welche Ecke sie erkunden, wo sie sich an der Natur erfreuen und Kraft schöpfen können. Ein lohnenswertes Ziel hierfür ist das Naturschutzgebiet Löcknitztal, das sich entlang eines knapp zwölf Kilometer langen Flussabschnitts von Kienbaum bis hin zur Großen Wallbrücke, zwischen dem Löcknitzcampus und dem Bahnhof Fangschleuse gelegen, erstreckt.
Naturschutzgebiet braucht helfende Hand
Mitte der 1980er-Jahre wurde der Abschnitt des aus einer eiszeitlichen Schmelzwasserrinne entstandenen Tals unter Schutz gestellt. Seinen Reiz und seine Einzigartigkeit war Naturschützern, allen voran Dr. Gerhard Ziebarth, schon viele Jahre davor bewusst und sie haben sich deshalb seit den frühen 1970er-Jahren kontinuierlich um die Pflege und Bewahrung des Kleinods gekümmert. Seit 1993 wird das Engagement vom Verein Interessengemeinschaft Löcknitztal (IG) fortgeführt.

Aber was ist das Besondere an dem Areal? Was hier erhalten werden soll, ist durch den Eingriff des Menschen in die Natur entstanden. Erst er hat durch die Nutzung der den Fluss begleitenden Wiesen für eine einzigartige Flora und Fauna gesorgt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Flächen entlang der Löcknitz aufgeteilt und an Bauern unter anderem aus Grünheide, Rehfelde, Kagel, Kienbaum und Erkner zur Bewirtschaftung gegeben. Die Familien konnten das Schnittgut der Wiesen als Futter für ihr Kleinvieh nutzen. Durch die regelmäßige Mahd veränderte sich das Leben auf den Flächen. Es siedelten sich Pflanzen, darunter seltene Orchideen wie das Breitblättrige und Steifblättrige Knabenkraut, das Helm-Knabenkraut und die Sumpf-Stendelwurz an, die sich zuvor bei all dem Wildwuchs nicht behaupten konnten. Mit der neuen Pflanzenwelt entwickelte sich auch eine neue Vielfalt an Insekten, darunter seltene Großschmetterlingsarten.
Ein Wandel in der Nutzung mit Folgen
Aber, die Pflege der Wiesen war quasi nur eine Momentaufnahme. Die fortschreitende Industrialisierung machte sie für die Futtergewinnung mehr und mehr unattraktiv. Fallende Futterpreise sorgten dafür, dass die Bauern ihr Engagement praktisch auf null fallen ließen. Hinzu kamen Generationswechsel, die ebenfalls mit einem sich verändernden Blick auf die Wiesen einhergingen. Die einst etwa 35 Einzelflächen blieben sich selbst überlassen und die neu gewonnene Artenvielfalt drohte wieder zu verschwinden. Denn ohne Mahd kehrten Seggen und Großdisteln zurück, nahm Erlenbruchwald die Wiesen in Beschlag und schritt die Verbuschung durch Weiden rasch voran.
Gepflegt wird inzwischen seit mehreren Jahrzehnten
All das kann nur durch regelmäßige Mahd und die Herausnahme der Erlen und Weiden verhindert werden. Und eben hier setzten vor gut 50 Jahren die Naturschützer an. Natürlich mussten sie sich auf einzelne Flächen beschränken, konnten sie in ihrem Ehrenamt längst nicht alle Flächen in ihrem neuen Reichtum bewahren. Aber heute ist die IG nicht mehr allein in ihrem Engagement, wie Bernd Ziebarth bemerkt, der sich wie sein Vater nahezu zeitlebens um das Löcknitztal verdient gemacht und inzwischen den Vereinsvorsitz von seinem Vater übernommen hat.

Der Verein kümmere sich um sechs Wiesen „händisch“ und setze auf zwei weiteren eine Moorraupe ein. „Auf den beiden Flächen könnten wir nicht per Hand agieren, sie sind zu nass und unwegsam“, erläutert Ziebarth. An den Arbeitseinsätzen beteiligen sich bis zu ein Dutzend Ehrenamtler – Vereinsmitglieder und Freunde des Vereins. Sie schneiden das Gras, tragen es zusammen und lassen es für die Entsorgung abfahren. Finanzielle Unterstützung dafür bietet der Naturschutzfond Brandenburg.
Die IG Löcknitztal hat Mitstreiter für andere Fläche angespornt
„Wir haben so viel Interesse an dem Naturschutzgebiet Löcknitztal geweckt, dass nicht nur wir uns um einzelne Wiesen kümmern, sondern auch andere Projektträger weitere in Pflege übernommen haben.“ Dazu gehören der Naturschutzfond selbst sowie Gerd Haase vom Nabu Strausberg-Märkische Schweiz, der auch als „Kümmerer“ um die Lange-Damm-Wiesen nahe Strausberg aktiv ist.

Natürlich gibt es übers Jahr auch Gelegenheit, die Pracht der Wiesen in Augenschein zu nehmen. Ob als „Vereinsrunde“ oder als organisierte Exkursion – die Nachfrage, die Orchideen, Schmetterlinge oder auch Vogel-Vielfalt von Fachleuten erklärt zu bekommen, erfreut sich großer Beliebtheit.
„Wir freuen uns als IG natürlich über jeden, der uns in der Vereinsarbeit unterstützen will, sei es draußen auf den Wiesen oder auch bei der Betreuung unserer Homepage“, sagt Bernd Ziebarth. Die Arbeitseinsätze 2024 sind Geschichte, aber im Februar geht es mit dem Wintereinsatz in eine neue Saison. (Anke Beißer)