Auf der Suche nach Freundschaft – auch in den Ferien

„Ein Freund, ein guter Freund, das ist das Beste, was es gibt auf der Welt. Ein Freund bleibt immer Freund, auch wenn die ganze Welt zusammenfällt. … Ein Freund, ein guter Freund, das ist der größte Schatz, den‘s gibt.“ Dieser Kehrreim gehört zu einem Schlager, der vor fast 100 Jahren für die Tonfilm-Operette „Die Drei von der Tankstelle“ geschrieben wurde und dem wohl nichts hinzuzufügen ist. Während der Film selbst nur noch Cineasten – und der Urgroßeltern-Generation – ein Begriff sein wird, haben sich die Liedzeilen in vielen Köpfen eingebrannt und sind fast schon zu einer Redewendung geworden. Und das aus einem einfachen Grund: Die wenigen Worte bringen auf den Punkt, was Freundschaft bedeutet, welchen hohen Wert sie hat.

Welche Freundin, welcher Freund passt zu mir? 

Aber ab wann spielt das Thema Freundschaft für Menschen eine Rolle? Die längsten Beziehungen werden gern als Kindergarten- oder Buddelkastenfreundschaft bezeichnet. In der Grundschule, so beobachten es die beiden Kinderkoordinatorinnen (Kiko) von Grünheide, wird Freundschaft tatsächlich zum zentralen Punkt. Und deshalb wollen sie hier etwas genauer hinschauen. „Uns ist aufgefallen, dass es bei den Mädchen und Jungen einen Bedarf dafür gibt“, sagt Josefine Taubert. Längst nicht alle haben schon einen Freund oder eine Freundin gefunden, mit dem oder der sie lachen, Geheimnisse austauschen können, mit dem oder der sie eine Beziehung eingehen, in der sie für einander einstehen. Dabei gibt es im Alltag, im sozialen Leben in der Klasse und auf dem Schulhof durchaus Situationen, wo genau so ein Rückhalt wichtig wäre.

Es ist gar nicht so leicht …

Deshalb sollen die Kinder mit einem Projekt „Ziemlich feste Freunde“  für Freundschaft sensibilisiert und fit gemacht werden. „Viele Mädchen und Jungen im Grundschulalter sind dabei herauszufinden, was sie selbst gern mögen und was sie sich von jemand anderem wünschen und auch brauchen“, erklärt Kiko Josefine Taubert. Sie hält es für sehr wichtig, den Kindern Raum zu geben, um darüber zu sprechen. „Es beschäftigt sie viel mehr, als wir es vielleicht im ersten Moment denken würden. Es ist gar nicht so leicht, den richtigen Freund und die richtige Freundin zu finden.“

Wer passt zu mir?: An die Tür zum Zimmer der Kinderkoordinatorinnen können Steckbriefe gepinnt werden, auf denen die Kinder Freundschaftsanfragen nachlesen können. Foto: Iris Maschlonkowski
Fällt auf: An der Tür zum Zimmer der Kinderkoordinatorinnen könne die Kinder Freundschaftsanfragen lesen. Foto: Iris Maschlonkowski

In dem Projekt soll es darum gehen, das Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl der Kinder zu stärken und mit ihnen in die Welt des sozialen Lernens einzutauchen. Sie können so ihren „inneren Schatz“ entdecken – jene Eigenschaften, die sie auszeichnen und besonders machen. Auch eigene Wünsche werden herausgefunden und überlegt, wie ein Mensch sein muss, der zu einem passt. „Selbstreflexion zu erlernen ist für die Kinder neu und spannend“, sagt die Kiko. Was macht mir ein gutes Gefühl? Bin ich lieber im Team oder nur mit ein, zwei Menschen an meiner Seite zufrieden? Mag ich es laut oder leise? Will ich mich über Pferde austauschen oder lieber Fußball spielen gehen?

Vom Projekt zur Arbeitsgemeinschaft

Vor Kurzem haben die Kinderkoordinatorinnen ein erstes dieser Projekte umgesetzt. Ein knappes Dutzend Kinder hat sich für das Thema interessiert und aus dem zeitlich begrenzen Angebot ist ad hoc eine Arbeitsgemeinschaft (AG) geworden. Während des Schuljahrs sind Interessierte immer dienstags, von 14 bis 15.30 Uhr, im Kiko-Raum willkommen und können sich austauschen. „An unserer Tür hängt mittlerweile zudem ein großes Plakat, unsere Freundschaftsbörse“, sagt Josefine Taubert. Diese bestehe aus Steckbriefen der Kinder, die sie beschreiben und das, was sie suchen. Und: In den Sommerferien soll es noch einmal ein Projekt „Ziemlich feste Freunde“ geben. Vom 27. bis 29. August ist das Angebot im Ferienprogramm der Kinderkoordination zu finden. 

Kinder leben schon sehr im Wettbewerb

In welchem Maße den Kindern das hilft, was sie über soziales Verhalten, sich selbst und Freundschaft lernen, muss sich zeigen. Sicher ist es mit den drei Projekt-Tagen nicht getan, aber das AG-Angebot kann den Faden aufnehmen und weiterspinnen. Eine Kageler Mutter (GiB verzichtet aufgrund des sensiblen Themas auf den Namen) lobt das Projekt, auch wenn es ihrer neunjährigen Tochter noch nicht grundlegend geholfen hat. „Es gibt in der Klasse viel Zicken-Theater“, sagt die Mutter. Die Kinder, vor allem die Mädchen, lebten schon sehr im Wettbewerb – wer ist dünner, wer ist sportlicher …  „Das hat eine ziemliche Dynamik. Die Mädchen gehen nicht zimperlich mit sich um.“ Ihre Tochter spreche hier und da von einer Freundin, diese wechselten jedoch, und mitunter wisse sie nicht mal den Namen. „Kinder gehen mit dem Begriff noch anders um.“ Die Mutter beobachtet, dass der soziale Umgang zu wünschen übrig lasse. „Ich nehme da meine Tochter nicht aus.“ Aber sie sehe es als wichtig an, hier aufzupassen, welchen Weg die 4. Klasse nimmt.  „Die Kikos machen da eine gute Arbeit, nehmen sich für Kinder und Eltern Zeit – und sei es einfach nur zum Quatschen.“ Die Kagelerin gibt dem Freundschafts-Projekt durchaus eine Chance, auch wenn sich der Erfolg vielleicht erst später einstelle. (Anke Beißer)