Laudatoren und Geehrte in Kienbaum

Das traditionelle Sommerfest im Olympischen und Paralympischen Trainingszentrum in Kienbaum war einmal mehr Anlass für die besondere Würdigung von Sportlern und Trainern, die seit vielen Jahren regelmäßig auf dem Gelände, auf den Anlagen, in den Hallen zu Gast sind. So wird seit 2012 der sogenannte Kienbaum Award vergeben. Das Besondere daran: Der Gewinner wird von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Leistungszentrum gekürt. Sie stimmen im Vorfeld für einen Preisträger, der in besonderem Maße für menschliche Werte und Vorbildwirkung steht, wie es offiziell heißt. Anders ausgedrückt: Sie bringen damit ihre Wertschätzung für den Geehrten und dessen Auftreten zum Ausdruck, würdigen Freundlichkeit, Achtung, Toleranz.

Ehre, wem Ehre gebührt: Das Mitarbeiter-Team des Olympischen und Paralympischen Trainingszentrums haben mit Jens Milbradt (Mitte) erstmals einen Trainer mit dem "Kienbaum Award" - er steht für menschliche Werte und Vorbildwirkung - geehrt. Foto: Anke Beißer
Ehre, wem Ehre gebührt: Das Mitarbeiter-Team des Olympischen und Paralympischen Trainingszentrums haben mit Jens Milbradt (Mitte) erstmals einen Trainer mit dem „Kienbaum Award“ – er steht für menschliche Werte und Vorbildwirkung – geehrt. Foto: Anke Beißer

Einer, der für all dies steht, ist Jens Milbradt. Der gebürtige Hallenser arbeitet seit 2013 als Bundestrainer der Junioren beim Deutschen Turner-Bund (DTB). Der Vize-Europameister mit der DDR-Riege 1989 hatte fünf Jahre später seine aktive Karriere beendet, war lange Heimtrainer beim SC Berlin. „Bei Vater Klaus, erster Turn-Bundestrainer nach der Wiedervereinigung, hat er gelernt, akribisch zu planen und danach zu arbeiten“, sagte Ulla Koch, Vizepräsidentin für den Spitzensport beim DTB und bis Herbst 2021 Cheftrainerin der Frauen, in ihrer Laudatio für den Award. Der 54-Jährige erhielt übrigens als erster Trainer die Kienbaumer Auszeichnung. „Ich habe ihn immer als tollen Kollegen und Partner erlebt, stets offen und gesprächsbereit“, betonte Ulla Koch. Der so Gelobte und Geehrte zeigte sich freudig überrascht. „1982 war ich das erste Mal und also seit mehr als 40 Jahren regelmäßig in Kienbaum“, sagt Milbradt. „Jetzt stehe ich hier stellvertretend für alle Trainerinnen und Trainer, die immer gern wiederkommen und sich wohlfühlen.“

Zwei Freunde und Weggefährten: Andreas Toba (rechts) durfte die Laudation auf Marcel Nguyen halten, er sich wiederum für die herzlichen Wirte bedankte. Foto: Anke Beißer
Zwei Freunde und Weggefährten: Andreas Toba durfte die Laudation auf Marcel Nguyen halten. Foto: Anke Beißer

 

Eine zweite Form der Würdigung besonders erfolgreicher Sportler durch das Trainingszentrum ist die der Zimmerwidmungen. Unter anderem wurde diese Ehre Bahnradsportlerin Kristina Vogel, den Leichtathletinnen Linda Stahl und Betty Heidler, Bobsportler Kevin Kuske sowie Turner Fabian Hambüchen zuteil. Ein Zimmer in den Unterkünften in Kienbaum trägt ihren Namen, zudem haben sich die Athleten dort mit einer persönlichen Widmung verewigt. Auch hier stand beim Sommerfest ein Turner im Mittelpunkt:  Zimmer Nummer 5 in Pavillon 6 ist nunmehr das „Wohlfühlzimmer“ von Marcel Nguyen, zweifacher olympischer Silbermedaillengewinner von London, der im März nach zahlreichen Verletzungen seine Karriere beendet hat. Laudator Andreas Toba, Turnkollege und bester Freunde, sei „als Arbeiter an den Geräten immer ein bisschen neidisch auf das Talent“ des mittlerweile 35-Jährigen gewesen, wie er in seiner launigen Rede sagte. „Unzählige Stunden, Tage, Wochen haben wir hier in Kienbaum an unseren Übungen gefeilt und uns auf die Wettkämpfe vorbereitet. Kienbaum war immer Ausgangspunkt für die ganz großen Events“, erzählte der drei Jahre jüngere Toba. „Ein bisschen wehmütig bin ich schon, dass wir künftig nicht mehr zusammen in der Sauna und am Pool, bei der Physio und bei Andi an der Theke Quatsch machen, uns und andere unterhalten“, sagte der EM-Zweite am Reck von 2021 in Richtung seines Kumpels und zweimaligen Europameisters am Barren.

Mit Widmung: Georg Grozer, Deutschlands erfolgreichster Volleyballer, hat nun ebenfalls ein Wohlfühlzimmer im Trainingszentrum, das seinen Namen und sein Konterfei schmückt. Foto: Anke Beißer
Mit Widmung: Georg Grozer, Deutschlands erfolgreichster Volleyballer, hat nun ebenfalls ein Wohlfühlzimmer im Trainingszentrum, das seinen Namen und sein Konterfei schmückt. Foto: Anke Beißer

Ein anderes Zimmer im Olympischen und Paralympischen Trainingszentrum trägt fortan den Namen von Georg Grozer. Deutschlands erfolgreichster Volleyballer hat im Frühjahr mit Vero Volley Monza den CEV-Pokal, den zweitwichtigsten europäischen Vereins-Wettbewerb gewonnen. Der gebürtige Ungar war schon Meister in fünf Ländern (!), Champions-League-Sieger und Klubweltmeister. Ans Aufhören denkt der 38-Jährige indes noch nicht: Im Herbst soll der Diagonalangreifer das deutsche Team bei der angestrebten Qualifikation für die Olympischen Spiele 2024 in Paris anführen. Insofern ist der Umstand, dass ein Zimmer in Kienbaum nunmehr Grozers Namen trägt, ein besonderer, erfolgte die Widmung doch bisher nur für nicht mehr aktive Sportler. „Georg ist aber schon jetzt ein Phänomen. Den ,Hammer-Schorsch‘ kennt jeder Volleyballer, er hat eine ganze Generation geprägt“, betonte Renè Hecht, Rekord-Nationalspieler und Präsident des Deutschen Volleyball-Verband, in seiner Laudatio und ergänzte: „Georg Grozer lebt für den Sport, die Würdigung trifft den Richtigen.“ Der zwei Meter große EM-Zweite, WM-Dritte und Olympia-Fünfte sagte: „Ich freue mich natürlich sehr. Ich habe so viel Zeit mit meiner Familie hier verbracht, und ich bin stolz, dass jetzt sogar meine Tochter Leana schon mit 16 Jahren für die Nationalmannschaft nominiert worden ist.“  (Anke Beißer)