Sie hat eine lange Geschichte und Tradition in Hangelsberg: die Bibliothek. Es gab sie an wechselnden Orten im Dorf, zuletzt viele Jahre auf dem Hinterhof von Bürgerhaus und Forsthof. Geführt von Angelika Grabsch, die das Domizil der Leseratten jeden Samstag für ein paar Stunden öffnete. Doch damit war im Oktober vorigen Jahres Schluss. Allerdings aus gutem Grund: Die Gemeinde Grünheide hatte sich entschlossen, das temporäre Angebot als ein ständiges aufzuwerten und mit einer Mitarbeiterin aus der Verwaltung zu besetzen. Am Dienstag (15. Juli) war es soweit. Im Beisein von Bürgermeister Arne Christiani, dem frisch gewählten Ortsbeiratsvorsitzenden Marten Lange-Siebenthaler und der Amtsleiterin für Soziales, Bildung und Kultur, Anne-Kathrin Rochow sowie künftiger Nutzer aus dem Ort wurden die Leseratten von der nun hier tätigen Mitarbeiterin erstmals wollkommen geheißen.

Nach dem Praktikum stand fest: Es passt.
Mit Bianca Kratzer stand hierfür die passende Besetzung bereit. Vielen ist ihr Name vielleicht noch als Kita-Erzieherin ein Begriff, hat sie doch seit August 2003 in der kommunalen Kita, vornehmlich im Hangelsberger Domizil der „Waldspatzen“ gearbeitet. Nachdem sie diese Arbeit gesundheitlich bedingt aufgeben musste, wurde ihr ein Neuanfang in anderer Position angeboten. „Ich habe 2023 zuerst ein siebenwöchiges Praktikum in der Grünheider Bibliothek absolviert und wurde da von Andrea Thaller super angeleitet“, sagt die 45-Jährige. Als ihre Mentorin ausfiel, konnte Bianca Kratzer die Ausleihe und Annahme der Bücher trotzdem aufrecht erhalten. „Ich traue dir das zu, dass du das schaffst“, hatte ihr ihre Kollegin mit auf den Weg gegeben. Und so war es dann auch, so dass die Interessenten das Angebot weiter nutzen konnten. Im Sommer stand dann noch einmal eine Vertretung an, und spätestens da war der Hangelsbergerin klar, dass sie sich vorstellen könnte, dauerhaft in der Bibliothek zu arbeiten.

Wo, stand dann auch schnell fest – nämlich in der Hangelsberger Bücherei. Hier hat sie im Herbst angefangen, den Neustart der Einrichtung von Grund auf vorzubereiten. „Ich hatte seither jedes Buch schon mal in der Hand, manche sogar mehrfach, weil ich mich nicht entscheiden konnte, was aus ihnen wird. Und weil ich ein Buch nicht einfach so wegwerfen kann.“ Aber, am Aussortieren führte halt kein Weg vorbei. Jene Bücher, die nicht mehr benötigt wurden, gingen an die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft, die sie wiederum der Verwertung zuführte und das so eingenommene Geld für die Kinder- und Jugendarbeit eingesetzt hat. „So haben die Bücher dann doch noch einen guten Zweck erfüllt.“
Schon mehr als 800 Bücher erfasst
Eine Bücherei von der Pike auf aufbauen kommt einer Sisyphusarbeit nah. Nicht unbedeutend ist dabei der Fakt, dass der Neustart mit der Umstellung von einer analogen Registratur auf eine digitale zusammenfiel. Bianca Kratzer wurde von IT-Fachleuten in das Bibliotheks-Programm eingewiesen. Und von da an hat sie angefangen, alle Bücher zu katalogisieren – Verfasser, Titel, Schlagwörter und mehr gilt es im System zu erfassen. „Gute 800 habe ich bisher geschafft“, sagt die Hangelsbergerin. Und das sei wohl noch nicht mal die Hälfte.

Bei der Sichtung ist sie auf einige kleine Schätze gestoßen. Postkarten, Briefe, Aufkleber von Möbelstücken, eine Anleitung für die Teppichreinigung und ein Kuchenrezept sind nur einige Beispiele, was so alles als Lesezeichen benutzt und am Ende im Buch vergessen wurde. „Ich habe das alles in einer Mappe zusammengefasst, in der gern geblättert werden kann.“ Sie jedenfalls haben die Fundstücke amüsiert und zum Schmunzeln gebracht.
Bianca Kratzer macht anderen Mut, Neues anzufangen
Jetzt freut sich die 45-Jährige, an den Punkt zu sein, Lesern wieder ihre Wünsche zu erfüllen. Ein Buch soll helfen zu erfahren, welche Lektüre die Nutzer bevorzugen. „Ich weiß von Angelika Grabsch, dass Krimis und Thriller hoch im Kurs stehen. Da brauche ich Anregungen, denn das ist so gar nicht meins.“ Wie die Hangelsbergerin gesteht, lese sie gern, brauche dafür aber eine ruhige Umgebung. Sie mag wahre Begebenheiten und Biografien. Wenn sie ein Buch anspricht, lese sie sich durchaus fest und komme davon nicht mehr los. „Ich denke, dass ich bei meiner neuen Arbeit auf einiges stoße, was mich dann fesselt.“ Sie ist gespannt, was ihre berufliche Zukunft bringt. Und macht anderen Mut, eine neue Aufgabe anzunehmen. Denn es sei nie zu spät Neues zu lernen. „Viele halten an Altem fest, was sie schon immer gemacht haben und scheuen den Schritt der Veränderung. Meine neue Arbeit passt und tut mir gut“, strahlt Bianca Katzer Zufriedenheit aus. (Anke Beißer)
Info: Die Bibliothek in Hangelsberg ist ab sofort dienstags von 9 bis 12 sowie donnerstags von 9 bis 12 und 14 bis 17 Uhr geöffnet. Der Mittwoch ist für vereinbarte Besuche, zum Beispiel von Kita- oder Schulkindern, reserviert.