Der Arbeitstag für Candy Hoffmann, Leiter der kommunalen Kita „Kinderhaus Kunterbunt“ auf dem Löcknitzcampus in Grünheide, beginnt mit einer Runde durch die Einrichtung. „Ich begrüße alle, frage, was gebraucht wird, wo ich unterstützen kann“, sagt der 50-Jährige. Dann zieht er sich in sein Mini-Büro zurück, lässt dort jedoch die Tür weit offen, um zu signalisieren, dass er stets ein offenes Ohr hat – für das Team, die Eltern und natürlich auch für die Kinder. „Darf ich morgen mit meinem Kissen herkommen und hier schlafen?“, fragt eine zarte Stimme in das Gespräch mit GiB hinein. Das kleine Mädchen tritt ohne Scheu dem Mann mit stattlicher Figur und voll tätowierten Armen – Typ Motorradfahrer – gegenüber. „Darf ich?“ Seine lachenden Augen, sein sanftmütiges Gesicht lassen die Antwort erahnen. „Das bekommen wir hin.“ Die Kleine war eine Weile nicht in der Kita, gewöhnt sich jetzt so langsam wieder an den Alltag, die anderen Kinder und Erwachsenen. Um ihr den Weg zurück zu erleichtern, lässt Candy Hoffmann auch unkonventionelle Dinge zu. „Wir sind Dienstleister, damit die Eltern arbeiten können und es den Kindern in der Zeit gut geht, sie sich gut entwickeln können.“
Als Springer hat der 50-Jährige die Kita kennengelernt – jetzt leitet er sie
Candy Hoffmann hat mit der Leitung der Kita keine leichte Aufgabe übernommen. Er kennt das Haus schon etwas länger, war hier schon als Springer eingesetzt. Als dann aber aufgrund des hohen Krankenstandes die Signale auf Rot standen, hat er, seiner Qualifikation entsprechend, die Führung übernommen und begonnen, die Einrichtung von der Pike auf neu zu organisieren. Der 50-Jährige macht kein Hehl daraus, dass er fachliche Defizite sah. „Ich bin angetreten, das Haus entsprechend meiner Auffassung von Struktur und Aufgabe einer Kita, meinem pädagogischen Verständnis und Führungsstil umzubauen.“ Er habe quasi den Reset-Knopf gedrückt und das „kunterbunte Durcheinander“ aufgeräumt. „Natürlich nicht allein, mit dem Kita-Ausschuss, mit dem teils neu besetzten Team, mit den Eltern und der Verwaltung.“ Dabei sei es ihm wichtig gewesen, dass die Kinder so wenig wie möglich davon mitbekommen, aber so viel wie möglich davon profitieren. „Ich denke, wir sind auf einem guten Weg. Das zeigt mir die Stimmung im Team, das sagen mir Eltern, selbst welche, die anfangs eher skeptisch waren.“
Neustart mit Gruppen in klaren Altersstrukturen
Zu den grundlegenden Veränderungen zählt Hoffmann, dass es wieder Gruppen und somit Alters-Strukturen gibt. „Bei nur offener Arbeit geht in so einer großen Einrichtung ein Kind auch mal unter. Wenn es zum Beispiel so gar kein Malen mag, macht es das nicht von alleine. Und wir sind aber dafür da, es trotzdem anzuregen, weil es für die Entwicklung wichtig ist. Wenn wir das aber nicht sehen, und das ist die Gefahr bei einer nur offenen Arbeit, bleibt das Kind auf der Strecke.“ Der Leiter betont, dass in dem ersten halben Jahr schon viel nachgeholt worden sei. „Die Kinder wollen raus, die Welt sehen.“ Deshalb gebe es Besuche bei den Schildkröten, die Feuerwehr sei da gewesen und demnächst gehe es ins Altersheim, um den Senioren eine Freude zu bereiten. Die Kinder gehen Eis essen, nutzen den Sportplatz, sind ab und zu im Wald – aber nicht dreimal in der Woche. „Die Bedingungen sind großartig und vielfältig, wir müssen sie nur nutzen.“
Wenn es um Veränderungen geht, schaut Candy Hoffmann auch auf das Team. Sechs von 16 Leuten sind neu, das Alter liegt bei 22 bis 59 Jahren. „Das ist eine gute Mischung, einer kann vom anderen lernen, und für die Kinder sind mehrere Generationen da.“ Jedes Kind hat während seiner Kita-Zeit zwei Bezugspersonen – eine im Alter von 0 bis 3 Jahren und eine von 3 bis 6. Es gibt für die Mädchen und Jungen wieder ein Portfolio und jährliche Elterngespräche. Die Mitarbeiter werden zu Weiterbildungen animiert und regelmäßige Dienstberatungen durchgeführt. Auch räumlich soll sich etwas ändern. Nachdem nach dem Wasserschaden der Sanitärbereich wieder nutzbar ist, soll noch das Mini-Büro in einen Raum für Elterngespräche umfunktioniert werden und das Büro in die ehemalige Werkstatt ziehen, die wieder im Schuppen untergebracht werden kann.
Sieht aus wie Motorradfahrer und ist auch einer
Klingt nach jeder Menge frischem Wind. Den lässt sich der Fürstenwalder auch privat gern um die Nase wehen. Denn Candy Hoffmann sieht nicht nur aus wie ein Motorradfahrer – er ist einer. „Ich fahre eine 1200er-Triumph Tiger.“ Und das am liebsten ganz entspannt durch Brandenburg und mit seiner Partnerin, ebenfalls eine Kita-Erzieherin, auf dem Sozius. Alle zwei Jahre steht ein größerer Urlaub an. „2022 sind wir von New York die Ostküste bis nach Miami gefahren, das hatte sich meine Tochter statt anderer Geschenke zur Jugendweihe gewünscht.“ Und in diesem Jahr sei es mit dem Wohnwagen von hier aus bis nach Edinburgh und zurück gegangen. „Wir sind Camper.“
12 wunderbare Jahre mit Ricky
Seine Profession als Kita-Erzieher hat der 50-Jährige erst im zweiten Anlauf gefunden. Nach seiner Lehre als Kfz-Mechaniker bei einem Autohaus in Fürstenwalde war er von 1996 bis 2011 bei der Bundeswehr, dabei auch zum Kriegseinsatz in Afghanistan. „Ich war mit meinem Sprengstoffspürhund dort und danach von Storkow aus im Inland, in Berlin, zu Einsätzen unterwegs.“ Hoffmann war schon immer ein Hundemensch. Als es bei der Bundeswehr die Möglichkeit gab, Hundeführer zu werden, habe er sich ausbilden lassen und ist so mit Schäferhund Ricky zusammengekommen, der ihn zwölf Jahre begleitet hat. „Jetzt haben wir Elly, eine fünfjährige Labradorhündin. Einmal Hund, immer Hund“, sagt Hoffmann augenzwinkernd. Vielleicht schaffe er es ja, Tier-gestützte Pädagogik auch in der Kita zu etablieren. Aber das sei Zukunftsmusik.
Zum Ende der Bundeswehrzeit nochmal auf die Schulbank
Als die Armeezeit sich dem Ende neigte und sich die Frage nach dem beruflichen Wohin ergab, tendierte er zuerst zum Maschinenbau, entschied sich dann aber für die Erzieherausbildung. „Ich habe schnell gemerkt, das ist meins. Ich habe immer gut mit Kinder gekonnt und war bei ihnen beliebt.“ Seit 2014 ist Candy Hoffmann nunmehr als Erzieher unterwegs, erst in Berlin, dann in Fürstenwalde, dort schließlich als stellvertretender und letztlich als Leiter. Ein gesundheitlicher Warnschuss bewog ihn, den Arbeitsplatz noch einmal zu wechseln. Und so sei er nach Grünheide gekommen.
„Kinder machen einfach Spaß.“
Was er an dem Beruf so sehr mag? „Kinder machen einfach Spaß, ich kann selbst ein bisschen Kind sein. Sie mögen mich, ich bin schnell mit ihnen auf Augenhöhe und erreiche sie. Ich kann mit ihnen Blödsinn machen, aber auch Regeln vermitteln. Sie geben Kraft und motivieren“, sagt Candy Hoffmann, der sich selbst als „ein bisschen Kuschel-Teddy“ bezeichnet und gelegentlich mit dem Weihnachtsmann verwechselt wird. Und seinem Team gegenüber? „Ich gebe den Rahmen vor und sie malen das Bild dazu“, beschreibt er seinen Leitungsstil.
Noch ein Wunsch auf den Weg …
Was er sich wünscht: Die Kita ist aktuell nicht ausgebucht. Hoffmann lädt Eltern, die auf der Suche sind, ein, sich das Kinderhaus Kunterbunt anzuschauen. „Bei uns sind noch Plätze frei.“ (Anke Beißer)