Grünheide will neue Wege für den Wohnungsmarkt prüfen

Albrecht Köhler Foto: Pascal Nordmann
Albrecht Köhler Foto: Pascal Nordmann

Die Fraktion SPD/Bündnis 90 – Die Grünen hat bei der Gemeindevertretersitzung am 12. Dezember mit der Fraktion Bürgerbündnis Grünheide den Antrag zur Prüfung der Gründung einer kommunalen Wohnungsbaugenossenschaft eingebracht. Dieser Vorstoß ist durch alle Gemeindevertreter positiv beschieden worden – mit dem Zusatz, auch eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft in Betracht zu ziehen. Anke Beißer sprach dazu für „Grünheide im Blick” mit Albrecht Köhler, Fraktionsvorsitzender von SPD/Bündnis 90-Die Grünen.

Herr Köhler, was hat Ihre Fraktion zu diesem Vorstoß veranlasst?

Albrecht Köhler: Wie viele Berliner Umlandgemeinden muss sich auch Grünheide der Herausforderung stellen und Wohnraum schaffen, da die Nachfrage hoch ist. Eine hohe Nachfrage führt zu hohen Preisen. Die Ansiedlung von Tesla kann als ein Grund genannt werden. Der Zuzug hat jedoch schon vor der Ansiedlung stattgefunden. Menschen suchten in den letzten Jahren vermehrt den Weg heraus aus der Stadt auf das Land. Ein gut durchdachtes organisatorisches Konzept ermöglicht es, den Bestand an Wohnraum effektiv zu verwalten und Wohnraum zu entwickeln.

Wie stellt sich aus Ihrer Sicht die Wohnraumsituation in Grünheide derzeit dar?
Die Gemeinde Grünheide verwaltet aktuell ca. 250 Wohneinheiten selbst. Es gibt aktuell keine Pläne, aus kommunaler Hand Wohnraum zu schaffen. Investoren stehen vor der Tür und möchten renditestarke Wohnprojekte entwickeln. Davon profitieren jedoch nur wenige Einwohnerinnen und Einwohner. Wir sollten daher unserer sozialen Verantwortung gerecht werden und die Zukunft in die eigenen Hände nehmen. Eine Wohnungsbaugenossenschaft oder -gesellschaft kann dabei eigenständig Ziele und Projekte im Rahmen der von uns gestellten Aufgaben umsetzen.

Welchen Bedarf sehen Sie?
Wenn wir mit Menschen unterschiedlichen Alters ins Gespräch kommen, hören wir immer wieder von solchen Erfahrungen wie „Die Miete wurde erhöht.”, „Ich kann mir keine Wohnung leisten.”, „Mein Mietvertrag ist auf Grund von Eigenbedarf gekündigt worden.”, „Ich würde ja eine kleinere Wohnung nehmen, die kostet aber mehr als mein Haus mit Grundstück.”, „Die Wartelisten für Wohnungen, die der Gemeinde gehören, sind sehr lang.”. Diesen Problemen müssen wir etwas entgegensetzen. Das gelingt nur, wenn wir uns dieser Situation bewusst sind, sie benennen und gemeinsam Lösungen entwickeln.

Wie sieht es mit dem Einheimischenmodell aus, wird es genutzt oder gibt es eher eine Nachfrage bei Mietwohnungen?
Das Einheimischenmodell zielt darauf ab, ortsansässigen Menschen vergünstigte Grundstücke als Bauland zur Verfügung zu stellen. Aus unterschiedlichen Gründen ist dieses Modell kaum angenommen worden. Deshalb hat die Gemeindevertretung jüngst Anpassungen vorgenommen und wird beobachten, ob das Angebot besser angenommen wird. Aktuell stehen auf der Liste 5 Grundstücke, die über das Einheimischenmodell erworben und mit Wohnraum bebaut werden können. Wohnraum in größerer Dimension wird man damit aber kaum schaffen können. Die Nachfrage nach beidem, Mietwohnung sowie Eigenheim, ist hoch. Wir als Gemeinde müssen definieren, welche Prioritäten wir setzen wollen.

Genossenschaft oder Gesellschaft? Was macht den Unterschied?
Wohnungsbaugesellschaft und Wohnungsbaugenossenschaft dienen der Schaffung und Verwaltung von Wohnraum.

Eine Wohnungsbaugesellschaft ist ein Unternehmen, das Wohnungen baut, vermietet oder verkauft und in der Regel gewinnorientiert arbeitet. Die Eigentümer sind oft private Investoren, Kommunen oder andere Unternehmen. Ziel ist es, Wohnungen zu vermarkten und Erträge für die Gesellschafter zu erzielen.

Eine Wohnungsbaugenossenschaft hingegen ist eine gemeinschaftlich organisierte Vereinigung, bei der die Mitglieder Anteile erwerben, um ein Mitbestimmungsrecht zu erhalten und Zugang zu preiswertem Wohnraum zu bekommen. Genossenschaften sind nicht primär gewinnorientiert, sondern verfolgen das Ziel, ihren Mitgliedern dauerhaft bezahlbaren und sicheren Wohnraum zu bieten. Gewinne werden meist reinvestiert oder kommen den Mitgliedern zugute. Zusammengefasst: Gesellschaften arbeiten gewinnorientiert, Genossenschaften gemeinschaftsorientiert. Uns als SPD Grünheide liegen die Orientierung an der Gemeinschaft, die Mitbestimmung und eine Durchmischung der Gesellschaft am Herzen. Der Verwaltung haben wir im Antrag den Auftrag gegeben, beide obigen Varianten zu prüfen. Ende des ersten Quartals 2025 erwarten wir eine Auswertung, über die wir uns alle fundiert austauschen können. Dann halten wir es für den richtigen Zeitpunkt, eine Infoveranstaltung für die Einwohner durchzuführen.

Wo sehen Sie für Ihre Idee in Grünheide das flächenmäßige Potential?
Wir halten es für angebracht, wenn es eine angeregte, lebhafte, sachorientierte Debatte im richtigen Format dazu gibt, zu der sich alle einbringen können, die Interesse daran haben. Gut wäre es, wenn wir Ende 2025 genauer wissen, in welche Richtung sich unser Antrag entwickeln wird. Dann ließen sich vielleicht Potenzialflächen betrachten.

Bisher hat Grünheide seine kommunalen Wohnungen selbst verwaltet. Ist hier eine Grenze erreicht, auch mit Blick auf notwendigen Zuwachs?
Die Frage ist, was wollen wir als Grünheider Gemeinschaft? Wenn wir die ca. 250 Wohneinheiten weiterhin nur verwalten wollten, dann bräuchte es keinen Antrag von uns. Eine zukünftige Genossenschaft oder Gesellschaft kann dagegen strategische Ziele entwickeln und umsetzen und so sicherstellen, dass vorhandene Einheiten und Flächen nicht weiter verloren gehen, sondern im Sinne der Gemeinschaft gepflegt und ausgebaut werden. Es ist unsere Aufgabe, Menschen mit geringeren Einkommen (Auszubildende, Rentner, Alleinerziehende, kinderreiche Familien ohne Haus und Grund etc.) hier in Grünheide Wohnraum anbieten zu können. Damit sichern wir auch ihr Bleiben in der Heimat. Dieses Angebot sollten wir auch Neubürgern unserer Gemeinde unterbreiten können, denn Zuzug bereichert unsere Gemeinschaft. Für diese Aufgaben sollten wir uns bestmöglich wappnen, um sie erfolgreich anpacken zu können