Wer das Büro von Vivien Krenz betritt, merkt gleich, welches Fachgebiet das ihre ist. Im Regal stehen Ansichtsexemplare für das „Stammbuch der Familie“, die Pinnwand ist reich an Fotos mit glücklich dreinschauenden Brautpaaren, in einer Ecke stehen vier Paar elegante Schuhe, der Garderobenhaken ist mit festlicher Kleidung belegt. „Das sind die Herbst-/Wintervarianten, die Sommerkleider habe ich erstmal wieder mit nach Hause genommen“, sagt Vivien Krenz. Sie ist Standesbeamte von Grünheide und lotst Jahr für Jahr um die 70 bis 80 Paare in den Hafen der Ehe. 2022 sind es sogar 90 gewesen – ein Spitzenwert. „Etwa ein Drittel bleibt leider nicht auf Dauer zusammen“, weiß die adrette Frau. Dann flattern ihr die Scheidungspapiere auf den Schreibtisch, auch das gehört zu ihrem Aufgabenfeld. Und nicht selten sieht sie die Frauen und Männer mit neuen Partnern wieder. „Es ist längst keine Seltenheit mehr, dass Menschen zwei- oder dreimal heiraten.“ Manch einer komme sogar auf ein halbes Dutzend, schmunzelt sie.
Zufällig ins Schwarze getroffen
Vivien Krenz ist eher zufällig Standesbeamte geworden. Aufgewachsen in Jänickendorf, ist sie in Fürstenwalde zur Schule gegangen und hat 1998, nach der 10.Klasse, die Lehre zur Verwaltungsfachangestellten im Amt Steinhöfel angetreten. Als dort 2007 die Stelle der Standesbeamtin vakant wurde, „bin ich da so reingefallen“, sagt die heute 45-Jährige. Heißt, sie wurde gefragt, ob sie sich das vorstellen könnte, und sie hat „ja“ gesagt. Die Voraussetzung für die neue Aufgaben holte sie sich bei einer Weiterbildung an der Akademie für Personenstandswesen im hessischen Bad Salzschlirf, der einzigen in Deutschland, – wo sie sich nach wie vor alle zwei Jahre auf den neuesten gesetzlichen Stand bringen lässt. Und mit nicht mal 30 Jahren trat sie einst ihrem ersten Brautpaar gegenüber. Manch einer wunderte sich schon: „Sie sind ja noch so jung!“ Aber, Vivien Krenz will ja keine Ratschläge für eine Ehe geben, sie vollzieht den Akt der Trauung, und das habe nichts mit dem Alter zu tun. 2011 wechselte die junge Frau ins Grünheider Rathaus in die Meldestelle. Zugleich wurde sie die Stellvertreterin der damaligen Standesbeamten Brigitte Reschke und bereitete sich so auf deren Nachfolge vor.
Sieht Beruf als Berufung, nicht als Arbeit
Die Fürstenwalderin spricht in Sachen Eheschließung nicht von Arbeit. „Ich mache das mit Herz und Seele.“ So mache ihr es auch nichts aus, samstags Trauungen vorzunehmen. Im Sommer auch mal bis zu vier. Und jede soll dabei ganz nach dem Geschmack der Brautleute ablaufen. Vivien Krenz ist zu „allem bereit“. Dazu gehört der Ort – er muss zumindest jedem zugänglich sein und einen feierlichen Rahmen abgeben – genauso wie die Musik. Sie erinnert sich bei dem Stichwort an ein Paar, dass sich bei den Einspielern für „Herr der Ringe“ entschieden hatte. Doch damit nicht genug, die Braut hatte auch ihr Outfit an die Kultserie angelehnt und war mit Elfenzweigen im Haar vor die Standesbeamte getreten.
Und noch ein Beispiel holt sie hervor. Ein Paar um die 50 kündigte sich für eine Trauung an, bei der es morgens „ganz schnell ,ja‘ sagen wolle“. Es sagte, es werde in Jogginganzug kommen und auch die Standesbeamte könne sich dem anpassen. „Ich saß im Rathaus, leger gekleidet und ungeschminkt und sah, wie die Braut angelaufen kam. Im Sommerkleid.“ Vivien Krenz war das etwas unangenehm, aber der Mann sei wenig später tatsächlich in Jogginghosen aufgetaucht. „Es war letztlich okay, aber ich hab mich nie wieder auf so etwas eingelassen.“
Für manche kommt der „großen Auftritt“ später
Was die Eheschließungen anbelangt, so sind die Ansprüche so vielfältig wie nur denkbar. Für die einen ist das Standesamt der Rahmen für den „großen Auftritt“, andere kommen nur für das „Ja!“ – das ausschlaggebende und verbindliche Wort – vorbei und heben sich den „Hochzeitsstaat“ für die Kirche oder die freie Trauung auf. Manche wollen eine sehr persönliche Rede, anderen reicht der zivilrechtliche Akt. Ob die künftigen Eheleute jung oder alt sind, spiele dabei keine Rolle.
Bei der Auswahl der Trauorte gibt es ebenfalls unterschiedliche Varianten – drinnen wie draußen. Das Standesamt im Rathaus, der Garten am Heydewirt, der Pavillon im Störitzland, ein Dampfer der Reederei Kutzker. „Ich bevorzuge da nichts, ebenso wie die Paare. Jedes Ambiente hat auf eigene Art seinen Reiz.“ Aufgeregt sei sie nie. Klar habe sie auch schon mal Namen verwechselt. Das passiere. „Aber das überspiele ich. Und wenn was schief geht, improvisiere ich.“
Hat schon mal jemand „nein“ gesagt?
Bleibt noch die Frage der Fragen: Hat schon mal jemand „nein“ gesagt? „Natürlich nicht, das gibt es, wenn überhaupt, nur im Film. Wer nicht will, kommt gar nicht erst zum Termin, sondern sagt ihn vorher ab.“
So sehr sich Vivien Krenz fürs Heiraten begeistern kann, sie selbst hat es noch nicht hinter sich gebracht. Obwohl sie sagt: „Ich hoffe, ich stehe auch mal da!“ Sie lebt mit ihrem Partner in der nahen Spreestadt, liebt es, ins Fitnessstudio zu gehen, umsorgt ihre zwei Katzen und verbringt viel Zeit in ihrem Garten voller „Bienenblumen“. Was den Urlaub anbelangt, bevorzugt sie die Berge. „Aber nicht im Winter.“ Und sie reist mit ihrem Partner auch an die Ostsee. „Aber nicht zum Baden.“ (Anke Beißer)