Noch wenige Tage, und das Jahr 2024 ist Geschichte. Ein Blick auf die zurückliegenden zwölf Monate zeigt, es war abermals ein ereignisreiches und alles andere als arm an Weichenstellungen. Grünheide im Blick bat Bürgermeister Arne Christiani um ein Resümee.
Angefangen hat es mit einem Novum für Grünheide: Zwar wurde durch die Gemeindevertretung bereits 2017 die Einwohnerbeteiligungssatzung beschlossen, Anwendung fand das demokratische Instrument der Meinungsfindung aber erst in diesem Jahr das erste Mal. Und das gleich hinsichtlich zweier möglicher Vorhaben: in Bezug auf das 14 Hektar großes Waldstück ,Unsal‘ am östlichen Ortsrand von Hangelsberg, für das eine Entwicklung zum Wohngebiet erwogen wurde, sowie für den Bebauungsplan 60 „Service- und Logistikzentrum Freienbrink-Nord“ – eine Erweiterung des Tesla-Geländes für die Schaffung von Sozial- und Bildungseinrichtungen sowie Logistikflächen und die Anpassung diverser Infrastrukturmaßnahmen.
Große Beteiligung bei der Einwohnerbefragung
„Bei beiden Befragungen lag die Beteiligung der wahlberechtigten Bürger bei mehr als 75 Prozent, was ein sehr positives Ergebnis ist“, sagt Christiani. Es habe das große Interesse an beiden Themen gezeigt. Beide Vorhaben bekamen ein klares Nein. Wobei der Ausgang insbesondere beim B-Plan 60 für ihn nicht überraschend gekommen sei. „Die Antwort auf die Frage Industrie oder Wald war vorhersehbar.“ Im Ergebnis des Votums wurde der Plan dann noch einmal aufgeschnürt und angepasst. „Denn die Infrastrukturmaßnahmen sind unverzichtbar. In der Planung stecken nämlich auch der neue Bahnhof Fangschleuse nebst Vorplatz, die neue Landesstraße südlich der Bahntrasse mit Anbindung an die Autobahn, die Überführung der Bahntrasse nahe dem derzeitigen Bahnhof Fangschleuse sowie die Radweganbindung.“
Bebauungsplan im Anschluss verändert
Der Bürgermeister betont: „Der veränderte Bebauungsplan wurde am 16. Mai schließlich mehrheitlich von der Gemeindevertretung beschlossen, so dass die Vorhaben zügig umgesetzt und bis 2026 abgeschlossen werden können.“ Jedoch gebe es einen Wermutstropfen: „Die Bildungsstätte und die Kita sind weggefallen, ein Ausfall, der an anderer Stelle kompensiert werden muss.“
Die Entwicklungen im Zusammenhang mit der Gigafactory haben Grünheide noch auf einem anderen Terrain vor große Herausforderungen gestellt. Im Februar wurde im Wald ein Protestcamp errichtet, das sich gegen die Erweiterungspläne gerichtet hat. „Es ist in der Bevölkerung auf viel Unverständnis gestoßen, wie so ein Camp im Landschaftsschutzgebiet, in der Vegetationsperiode und der Hauptbrutzeit geduldet werden konnte.“
Brandanschlag sorgt für Versorgungsausfall
Zudem erinnert Christiani an den Brandanschlag auf einen Strommast in den Spreewiesen, der zu einem Versorgungsausfall nicht nur bei Tesla, sondern auch bei anderen Großabnehmern wie Edeka, Lidl und der Gemeindegebiete von Grünheide und Erkner, inbegriffen die Reha-Klinik, geführt hatte.
Auf die Gemeinde kam mit einer für das Himmelfahrts-Wochenende angemeldeten Veranstaltung der Tesla-Gegner dann noch eine weitere Großaufgabe zu. „Ohne Generalprobe musste unser neu installiertes System mit der Stabstelle für Brandschutz im Zusammenspiel mit dem ebenfalls neu ins Amt eingeführten Kreisbrandmeister, unseren Feuerwehrkräften, der Reiterstaffel der Bundespolizei, dem Rettungsdienst und den Polizei-Hundertschaften aus 13 Bundesländern funktionieren. Und es hat sehr gut geklappt.“ Der Einsatz habe von Mittwoch bis Sonntag rund um die Uhr gedauert und sei in dieser Form in Grünheide einzigartig gewesen.
Mehr Sachlichkeit nach der Kommunalwahl
Als nächstes führt Arne Christiani die Kommunalwahlen am 9. Juni an. Aus ihnen sei eine Gemeindevertretung hervorgegangen, die sich in ihrer Arbeitsweise nach Einschätzung des Bürgermeisters deutlich von ihrem Vorläufer unterscheidet. „Der Ton ist sachlicher geworden, es geht um fachliche Auseinandersetzung, ich denke, wir sind da auf einem guten Weg.“
Grundschul-Neubau verzögert sich weiter
Der Sommer verstrich, ohne dass es mit dem grünen Licht für den Grundschulneubau in Hangelsberg geklappt hat. Das Projekt steckt fertig in den Startlöchern – was fehlt, ist die Baugenehmigung. Christiani spricht dabei von „unvorhersehbaren Problemen mit dem Umweltministerium in Potsdam“. Erst jetzt sieht es tatsächlich nach der Zustimmung seitens des Landes für das Bauvorhaben aus. Zur Erklärung: Eine vier Hektar große Fläche im nördlichen Teil des Bebauungsplangebietes für den GreenWorkPark der ECE-Group (ein Unternehmen der Hamburger Otto-Versandhausfamilie) sollte nicht aus dem Landschaftsschutz befreit werden. Dieser Umstand hat auch das Schulprojekt, das Teil des Bebauungsplan 57 „Gewerbegebiet Hangelsberg Nord“ im südlichen Areal der Fläche ist, ausgebremst. „Das betroffene Waldstück wird jetzt aus der Planung herausgenommen, soll nicht mehr Bestandteil bleiben. Dazu wird der Bebauungsplan angepasst und möglichst im März neu beschlossen. Somit erwarten wir die Baugenehmigung vom Bauordnungsamt in Beeskow und es könnte endlich mit der Umsetzung des Vorhabens begonnen werden.“ Der Verwaltungs-Chef gibt sich noch immer optimistisch, dass die Schule bis Ende 2025 fertig werden könnte. „Mit der Rettungszentrale in Freienbrink haben wir ein Beispiel, dass es tatsächlich so schnell gehen kann.“
Mit Blick auf das Schulprojekt verweist Christiani auf ein weiteres Problem, das jetzt aber aus dem Weg geräumt werden konnte. Denn mit der Entwicklung des Areals nördlich des Hangelsberger Bahnhofs gehen auch wichtige Infrastrukturmaßnahmen einher. So soll die von Kienbaum kommende Landesstraße nach Westen abgeknickt, mittels Überführung über die Bahntrasse geführt und westlich des Ortseingangs an das Netz neu angebunden werden. Das Vorhaben muss bis 2026 abgeschlossen sein, weil es zeitweilig den Bahnverkehr beeinträchtigt, was ab 2027 erst einmal untersagt ist. Da ist die Trasse selbst Umleitungsstrecke für andere Großvorhaben der Bahn.
Alternativen zulassen
Zuletzt hatte der Landesbetrieb Straßenwesen signalisiert, das Projekt nicht umsetzen zu können, weil er die Baubetreuung nicht sicherstellen kann. Hier wurde ein Konstrukt gefunden, das von den Gemeindevertretern auf ihrer Dezembersitzung beschlossen wurde: Grünheide stellt zeitlich befristet eine entsprechende Fachkraft ein. „Für die Gemeinde personal- und kostenneutral“, sagt Christiani. „Es ist ein gutes Signal, dass Projektpartner solche Alternativen zulassen.“ Für die Gemeinde bedeutet das, in den kommenden zwei Jahren also zwei 20-Millionen-Projekte zu schultern – die Umgehungsstraße und den erwähnten Bau des Bahnhofsvorplatzes.
Für den Ausblick auf 2025 pickt der Bürgermeister zwei Beispiele heraus. So sei es glücklicherweise gelungen, nach dem kurzen Intermezzo einer Berliner Firma als Betreiber des ehemaligen „Heydewirts“ (Ex-Hotel/-Pension „Peetzsee“) einen neuen lokalen Pächter zu finden. „Es fehlt nur noch die Unterschrift.“ Christiani geht davon aus, dass das Restaurant samt Pension und Biergarten im Frühjahr wieder Gäste empfangen wird. Es gebe ein gutes Netzwerk im Ort, so dass Kooperationen helfen können, auch Personalengpässe zu überspielen. „Wenn der Bäcker zum Beispiel das Frühstücksangebot der Pension übernimmt, ist da schon mal Entlastung geboten.“
Vision einer kleinen Brauerei
Zudem gibt es die Idee, auf dem Grundstück eine kleine Brauerei nach Fürstenwalder Vorbild zu installieren. „Wir lassen prüfen, was es dafür bedarf.“ Freunde des Bieres und Brauerfahrung gibt es in der Gemeinde zur Genüge. Dann ließe sich auch die Lücke schließen, die sich mit dem Ende von Flügel’s Hof auftut.
„Aufgaben werden nicht kleiner.“
Und dann sei da noch das Ziel, Grünheide zum staatlich anerkannten Erholungsort zu entwickeln. Gegenwärtig werde eine Präsentation für eine entsprechende Bewerbung um diesen Status vorbereitet. „Die Herausforderungen für die Gemeinde, die Aufgaben für die Verwaltung werden jedenfalls nicht kleiner“, weiß Arne Christiani. (Anke Beißer)